Haaatschi!!!

Es könnte so schön sein: es ist warm, die Blumen und Gräser blühen, die Natur lockt zum Verweilen im Freien. Wenn da nicht die Pollen wären, die bei empfindlichen Allergikernasen ein kräftiges „Haaatschi!!!!“ auslösen.

Viele greifen da schnell zu einem Taschentuch, das aus einer Plastikverpackung gezogen wird. Vielleicht nehmen sie auch ein Baumwoll-Taschentuch aus der Schublade? Eher unwahrscheinlich. Das Stofftaschentuch ist inzwischen aus der Mode gekommen. Was die Hygiene anbelangt, hat ihm das Papiertaschentuch eindeutig den Rang abgelaufen.

Das war nicht immer so. Erstmals taucht das textile Taschentuch bei den Römern auf, die es je nach Form als Schweißtuch, Serviette oder auch Tuch zum Schneuzen der Nase benutzten. Über das Mittelalter bis in die Neuzeit hinein war es dann vor allem ein Statussymbol des Adels und des Klerus. Kein Wunder, dass diese Taschentücher aus feinstem Material wie Leinenbatist oder Seide waren, für Damen reich verziert, mit Spitzen oder Perlen bestickt. Ab dem 18. Jahrhundert sind dann die ersten bedruckten Taschentücher bekannt. Im 19. Jahrhundert benutzten dann auch  Bürger und Bauern baumwollene Tücher.

Im 20. Jahrhundert tritt dann das Papiertaschentuch seinen Siegeszug an: 1929 wird das erste Warenzeichen für ein Taschentuch aus reinem Zellstoff  in Nürnberg mit dem Namen „Tempo“ eingetragen – bis heute in Deutschland der Inbegriff des Taschentuchs. In Amerika setzte sich hingegen die Bezeichnung „Kleenex“ durch.

Das „Sacktüchel“ wird heute immer noch gerne als Schnupftuch, modisches Einstecktuch oder bei traditionsbewussten Bayern als „Bschoadtüchel“ verwendet. Wenn sich allerdings ein eindeutiges Kitzeln in der Nase einstellt, dann wird wohl zum bewährten Papiertaschentuch gegriffen. Wie auch immer – in jedem Fall wünsche ich : „Gesundheit!“.

 

 

Dieser Blogbeitrag ist Gabriele Donder-Langer gewidmet, die 1999 mit der Ausstellung „Menschen, Nasen, Taschentücher“ Grundlagenforschung zur Kulturgeschichte des Taschentuchs geleistet hat. Er ist gleichzeitig ein Dank für ihre Arbeit als Heimatforscherin, Archivarin und Museumsbeauftragte in Haimhausen.

Das FOTO zeigt eine Auswahl aus meiner Taschentuchsammlung, zu der auch ein gehäkeltes Beutelchen gehört. Es wurde mir von einer meiner Großtanten geschenkt, damit ich mein schönes Ausgeh-Taschentuch geschützt in der Handtasche mitnehmen konnte.

 

 

 

3 comments

  1. Hiltrud Frühauf says:

    Dem Dank an Frau Donder-Langer möchte ich mich als Mitglied der Haimhauser Ortsgeschichte anschließen. Die gestrige Überschrift „Die Impulsgeberin“ über den ihr gewidmeten SZ-Artikel trifft absolut zu.
    Zum Thema „Taschentuch“ noch eine kleine Anmerkung: Um 1954 durfte ich eine Freundin und deren Eltern in die „Sommerfrische“ nach Kaprun fahren. Welches Souvenir brachte ich mit nach Hause? Ein mit Bergen und einem spitzen Kirchtum besticktes Taschentuch.

  2. Eric Hoyer says:

    Einen schönen guten Tag,

    danke für den obigen Beitrag! ich lese gerne Beiträge über Taschentücher und habe einige schon gesammelt.

    Es ist schwierig sich auf die Schnelle für ein Taschentuch zu entscheiden, denn ich habe über 1.100 solcher schönen bestickten und mit vielen anderen Arten hergestellten feinen Tüchlein.
    Meine umfangreiche Sammlung habe ich meinen Kindern gegeben, die sie sie für mich verwalten, erst wollte ich sie an eine Kurverwaltung verkaufen, damit viele Menschen teilhaben können…!

    Ab ca. 2016 wird gesticktes und feine Tücher wieder begehrter.
    Ich bewundere diese schön verzierten Taschentücher die in unserer Sammlung bis ca. 1850, 1870 1900 reichen. Die meisten sind so ab 1910, 20, 50 und bis in die Anfang 1970ger Jahre.
    Es ist sehr schwierig überhaupt eine Person zu finden die sich mit Taschentüchern und deren Machart auskennt !!

    Ich würde mich freuen weitere Menschen kennenzulernen aber auch Berichte über Taschentücher.

    eine gesegnete sonnige Zeit

    Eric

    • Dr. Birgitta Unger-Richter says:

      Lieber Taschentuchfan, danke für ihren Beitrag. Ich veröffentliche ihn, damit eventuell weitere Interessierte sich mit ihnen in Verbindung setzen können. Herzliche Grüße!

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