Sind ihnen diese neuen alten Mauern auch schon aufgefallen? Häufig mit einem Fenster durchbrochen?
Es handelt sich hierbei nicht um Ruinen aus vergangener Zeit, sondern vielmehr um Bauwerke jüngsten Datums. Gemeint sind die neuesten Trends in der Gartenarchitektur: frisch gemauerte Ruinenarchitektur als Gartenbegrenzung.
Doch ein Blick in die Geschichte zeigt, dass dieser Trend so neu gar nicht ist.
Im 18. Jahrhundert waren die antiken Stätten in Griechenland und Italien das Ziel vieler kunstinteressierter Reisender. Auf den Gemälden der Zeit wurden sie malerisch festgehalten und in Stichen vielfach verbreitet. Im nördlichen Europa fand die Begeisterung für die Antike ihren Niederschlag im Baustil des Klassizismus und in zahlreichen Skulpturen. Dabei fand der ruinöse Zustand vieler Bauwerke auch Bewunderer, da er den romantischen Geist der Zeit traf: es wurde Mode sich eine Ruinenarchitekur in die neu gestalteten englischen Gärten zu bauen. Ruinen waren malerische Kulisse, gestalterisches Element innerhalb der Gartenarchitektur und auch Rückzugsort für die innere Einkehr, wie die Magdalenenklause im Nymphenburger Park zeigt.
Der romantischen Sicht auf Ruinen folgte im 20. Jahrhundert die schmerzliche Erfahrung der Zerstörung sakraler und profaner Bauwerke, die funktionale, glatte, nüchterne Architekturen zur Folge hatte, die vor allem den Bedürfnissen und Erfordernissen an schnell zu bauenden Wohnraum und Fabrikationsräumen zu genügen hatte.
Woher kommt nun das neuerlich gehäufte Auftreten von Ruinenarchitektur auch im Landkreis Dachau? Als Kontrast zu schmucken Neubauten und akkurat angelegten Gärten finden wir immer häufiger Ruinenzitate – die anfangs genannten Bruchsteinmauern mit Durchblick.
Sind sie Ausdruck einer romantischen Sehnsucht wie im 19. Jahrhundert? Eine Urlaubserinnerung an den Besuch antiker Stätten, passend zum Toskana-Stil des Eigenheims? Oder stehen sie als eine Art von Platzhalter für zerstörte Baudenkmäler? Ich denke da unter anderem an eine Vielzahl alter Bauernhäuser im Dachauer Land, die den Modernisierungswellen zum Opfer gefallen sind. Demnach wären die neuen Ruinen eine Art von pflegeleichtem Denkmal, das an vergangene Bauten erinnert ohne die „lästigen“ Verpflichtungen für Denkmalseigner: ein Denkmal light?
Aber wahrscheinlich sind sie nur Modeerscheinungen, die wie Gabionenwände, Thujenhecken und Jägerzäune irgendwann durch neue Grundstücksumgrenzungen abgelöst werden. Echte Denkmäler haben jedoch eine berechtigte Chance auf Fortbestand….