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„Dem Herrn Lehrer gfoits net recht“

Anfang der 60er Jahre fuhr ein junges Lehrerehepaar auf einem Motorroller die damals ungeteerte St. Martin-Straße in Kleinberghofen hinauf zum Schulhaus, um sich seinen neuen Arbeitsplatz anzusehen. „Wir dachten, wir seien am Ende der Welt gelandet“, erinnert sich auch heute noch die damals aus München kommende Lehrerin. Auch die Dorfbewohner staunten nicht schlecht über die junge Lehrersgattin mit schickem Kopftuch auf dem Sozius eines Rollers…

Josefine Hartlmair, die mit ihrem Mann Josef 1901 nach Bergkirchen kam, fühlte sich ebenfalls nicht gleich wohl in ihrem neuen Zuhause und schilderte in ihren Tagebüchern die ziemlich argen Schulverhältnisse: „Jenseits der Straße lag das Schulhaus, äußerlich nicht als solches erkennbar, sondern verwahrloster als die ärmste Hütte. Wie Zahnruinen standen vier bis fünf ehemalige Zaunpfosten ohne jede Verbindung zum Himmel… Ein Fenster hatte papierenen Scheibenersatz erhalten… Mäuse und Ratten konnten ungeniert ihre Vorräte einholen und in Ruhe verzehren…“ Sie fragte ihren Mann, wie er denn diese Stelle hatte annehmen können. Er erwiderte, dass man ihm diese Räume nicht gezeigt hätte, dass er aber von der Gegend und der wohlwollenden Güte des Pfarrers angezogen gewesen sei.

Neunzehn Jahre später erreichte Max Hirschberger aus Mittenwald seinen neuen Wirkort, die Schule in Eisenhofen, die damals in einem Anbau von Schloss Hof untergebracht war: „…alte, schlechte  Eingangstüren, schadhafte Löcher, kein Zimmerboden frisch gestrichen, alle abgelaufen und die meisten auch abblätternd…“. Lehrer Hirschvogel beklagte weiterhin zersprungene Solnhofer Platten, einen wackligen altersschwachen Ofen und die schreiende Mauerfarbe in grün-gelb-violett. Nach diesem Schrecken stärkte er sich erst einmal im Gasthaus, wo er einen sehr deprimierten Eindruck auf die Wirtin machte: „I moan dem Herrn Lehrer gfoits net recht“.

Nach dem ersten negativen Eindruck „Hier soll mir Heimat werden? Nein! – Drei Jahre, keinen Tag länger!“  blieb er dennoch für 17 Jahre! Und der Bergkirchner Lehrersgattin Josefine Hartlmair rieten Orstansässige: „No ja, d´ Frau muss sich halt aufs neue Haus vertrösten, wenn´s ihr im alten net gfallt“. Dieses ließ zum Glück nicht lange auf sich warten. Bereits 1902 wurde der Neubau errichtet und Hartlmairs blieben bis 1911 dort. Und das eingangs genannte Münchner Ehepaar fand in dem „abgelegenen“ Ort Kleinberghofen dann doch bis heute eine neue Heimat, wo sie auch den Wechsel vom Dorfschulhaus zur Verbandsschule miterlebten. Diese modernen Schulzentren wurden ab den 70er Jahren (Erdweg) errichtet. Und aus allen ehemaligen Dorfschulen, von denen viele aufgrund ihrer Geschichte und Bedeutung unter Denkmalschutz gestellt wurden, sind inzwischen moderne Kindertagesstätten, Wohn- und Geschäftshäuser, ein Gasthaus oder auch ein Rathaus wie in Bergkirchen geworden. Gut möglich, dass das den oben genannten Chronisten vergangener Tage gefallen könnte.

 

Die Schulgeschichte in Eisenhofen und Bergkirchen kann in den Ortschroniken Bergkirchen. Ein Dorf mit Geschichte. Hg. Gemeinde Bergkirche, 2014 und Ortsgeschichte Eisenhofen. Herausgeber Arbeitsgruppe des Vereins Heimatgeschichte Eisenhofe e.V. 2015 nachgelesen werden. Das Heimatbuch der Gemeinde Erdweg: Erdweg – Eine Gemeinde in Geschichte und Gegenwart ist 2022 erschienen.

Das FOTO ist Teil einer selbst gebastelten Glückwunschkarte zum Schuleintritt meines Sohnes.

And the winner is…

Am 9. Februar werden in Hollywood die diesjährigen Oscar-Prämierungen für besondere Filme, ihre Darsteller und Produzenten vergeben. Ein Anlass für mich, auch einmal das Thema „Film“ im Landkreis Dachau zu streifen.

Unser Landkreis Dachau diente nämlich schon häufig als Drehort. Fans der bayrischen Soap „Dahoam is Dahoam“ wissen, dass sich der fiktive Ort „Lansing“ an der Schleissheimerstrasse in Dachau befindet. Die Dachauer Altstadt war ein häufig gewählter Ort für unterschiedlichste Filmproduktionen wie „Agathe kanns nicht lassen“ (2005 mit Ruth Drexel) oder „Sams im Glück“ (2012). 2019 wurde ein Teil der Actionkomödie „Guns Akimbo“ mit Daniel Radcliffe auf dem Areal der Papierfabrik gedreht. In der Gemeinde Bergkirchen, im Gasthaus Peiß in Deutenhausen durften Sebastian Eberhofer und seine Freunde ausgiebig in „Sauerkrautkoma“ und „Leberkäsjunkie“ feiern.

Für den Kinofilm „Colonia Dignidad“ (2015) mit Emma Watson und Daniel Brühl wurde in Kleinberghofen eigens eine Ampel für Autofahrer installiert, damit eine zeitweise geräuscharme Kulisse für die Dreharbeiten entstand, die im traditionellen Gasthaus Rothenfußer stattfanden. Und zur  „Beste-Trilogie“ (2007, 2008, 2014) von Markus H. Rosenmüller haben viele Landkreisbewohner einen Bezug: sie erkennen die Drehorte wieder (so befindet sich der Bauernhof der Film-Kati in einem Weiler hinter Altomünster) oder waren als Statisten beteiligt. Dazu kommt, dass die Drehbuchautorin Karin Michalke aus Tandern stammt und bei ihren Filmvorlagen aus ihren eigenen Jugend- und Heimaterfahrungen schöpfte. Als Markus H. Rosenmüller 2008 die Lebensgeschichte des Räuber Kneissl verfilmte, drehte er jedoch nicht in der Heimat des Räubers im Landkreis Dachau, sondern in Niederbayern.

Auf einen eher vergessenen Film, der u.a. bereits 1981 in Dachau entstand, brachte mich ein Kollege aus dem Landratsamt: sein Bruder durfte bei den Dreharbeiten zu Didi Hallervordens „Ach du lieber Harry“ Zeuge sein, wie dieser halsbrecherische Stunts im Dachauer Krankenhaus vollbrachte.

Neben vielen weiteren Beispielen für Filme mit Bezug zu Dachau möchte ich zum Schluss noch eine nahezu unbekannte Rarität der Filmgeschichte erwähnen: einen Stummfilm aus dem Jahre 1922 des Regisseurs Richard Eichberg: „Monna Vanna“. Für diese dramatische Liebesgeschichte wurden unzählige Statisten, Menschen und Tiere im Dachauer Ortsteil Etzenhausen verpflichtet, um das Historienspektakel auf die Leinwand zu bringen. Der Arbeitskreis „Dorfgemeinschaft Etzenhausen“ hat dieses Ereignis wieder ins Bewusstsein gebracht. Vielleicht finden sich auch irgendwann mehr als minutenlange Schnipsel, um ihn nach 1922 wieder einmal auf die Leinwand zu bringen. Das hundertjährige Jubiläum des Drehs wäre dazu ein willkommener Anlass…

 

Das FOTO ist ein Ausschnitt aus einer Abbildung mit Statisten von „Monna Vanna“. Ich verwende es mit freundlicher Erlaubnis des Arbeitskreises Dorfgemeinschaft Etzenhausen. Auf S. 87 ihrer Chronik von 2012 findet man noch mehr Informationen zum Film.

 

Die Butterhex

„I glaab, da is heund gwies wieda d´Häx drin“ soll eine Bäuerin in Senkenschlag ausgerufen haben, als ihr beim Arbeiten mit dem Rührfass die Butter gar nicht gelingen wollte. Ihr Nachbar wusste Rat, holte seine Flinte und schoß eine Ladung Schrot ins Butterfass. Als er den Pulverdampf habe aufsteigen sehen, soll er gesagt haben, dass man daran sehe, dass die Hexe jetzt zum Kamin hinausfahren würde.

Eine weitere Begebenheit mit einer Butterhexe ist aus Wollomoos überliefert: als auch dort einer Frau die Milch beim Buttern zu gerinnen drohte, griff sie zu einer List und steckte Dornenzweige ins Butterfass, um die darin versteckte Hexe zu vertreiben. Daraufhin gelang das Buttern und die angebliche „Hexe“ wurde anhand von Verbänden im Gesicht und Armen schnell im Dorf identifiziert. Es war eine eher stille und bescheidene Frau, wie Alois Angerpointner berichtet, die kurz zuvor zehn Pfund Butter erfolgreich auf dem Markt in Aichach verkauft hatte. Dies hatten die Dorfbewohnerinnen mit Erstaunen und auch Neid wahrgenommen.

Gebuttert wird heute nur noch selten auf dem Land. Molkereien haben das übernommen und stellen Butter in großen Mengen her, die wir dann im Supermarkt erwerben können. Auch viele weitere Lebensmittel nehmen wir beinahe selbstverständlich aus den Regalen und Kühltheken mit nach Hause, ohne uns über deren Herstellung groß Gedanken zu machen. Schlechtes Wetter, Naturkatastrophen, Schädlingsplagen – all dies war unseren Vorfahren noch näher als uns. Erklärungen dafür und Hilfe boten ihnen damals der Glaube und der Aberglaube. Bittgänge über die Fluren sollten ein gedeihliches Wachstum der Feldfrüchte befördern, der Wettersegen als Bestandteil der sonntäglichen Gottesdienstliturgie Schutz vor Unwetter und Mißernte bieten. Bei Gewittern zündete man eine schwarze Wetterkerze an und betete den Rosenkranz. In Bergkirchen wurde für gewöhnlich der Heilige Donatus, zuständig für Blitz und Donner, angerufen. Als dort aber Pfarrer Johann Christoph von Froschheim 1738 -1779 im Amt war, übernahm dieser die Abwehr von Unwettern: „Da stand er nun beim Herannahen eines Unwetters im Friedhof zu Bergkirchen, sah gegen Westen hin über das weite Dachauer Moos in Richtung des Ammersees, woher die ‚graabn Wolken aufzogn san‘. Er holte sein altes vergilbtes Rituale heraus, breitete soweit die Arme, geriet in Ekstase. Man mußte ihm links und rechts unter die Arme greifen, ‚weil er wie geistig abwesend war und geisterbeschwörend seine Segnungen abhielt‘ “. Seine Bemühungen müssen wohl von Erfolg gekrönt gewesen sein, weil er großen, auch überregionalen Zulauf erhielt, wie der ehemalige Kreisheimatpfleger Alois Angerpointner in einer Erzählung vermerkt.

Nach all den Bemühungen um eine ertragreiche Ernte wurde auch damals im Herbst im Rahmen der sonntäglichen Messe gedankt. Bis heute feiern wir an vielen Orten Ende September bis Anfang Oktober „Erntedank“. Für Missernten wird heute allerdings zum Glück keine Hexe mehr verantwortlich gemacht – jedenfalls ist mir darüber nichts bekannt.

 

Die Legenden über die „Butterhex“ und Pfarrer Froschmayr kann man nachlesen bei Alois Angerpointner: Altbayerische Sagen. Geschichten und Legenden aus dem Dachauer Land. 3 Bände. Dachau (Bayerland), ab 1977 in mehreren Auflagen erschienen. In der Geschichte des Bergkirchner Pfarrers (Bd.3) zitiert Angerpointner Josef Burghart: Chronik von Bergkirchen. Unveröffentlichtes Manuskript v. 24.06.1948.

Um Lebensmittel geht es auch bei  „Lebens-Mittel-Punkt“ am Tag der Regionen am Petersberg am 03.10.2018.

Zum Foto: Im Freilandmuseum Fladungen kann man als Besucher einen Eimer schleppen und damit einen Eindruck vom  beschwerlichen Alltag in früherer Zeit erhalten.

Echte Hits im Advent

„O wei, o wei – o Weihnachtszeit“ singt die A-cappella-Gruppe „6-Zylinder“ unnachahmlich im vertonten Kinderbuch „Der Schweihnachtsmann“. Als unsere Kinder klein waren, hat uns dieses Musical immer durch die Adventszeit begleitet. Ein echter „Schmarrn“- hilft doch ein Schwein als Weihnachtsmann aus und beschert die Kinder. Aber die Kleinen lieben solchen Unsinn, auch wegen der zahlreichen Lieder zum Mitsingen. „Plätzchen kommt von Platzen“ singen wir auch heute noch, wenn der erste Teller Selbstgebackenes auf dem Tisch steht und greifen dann kräftig zu.

„O wei“ bezieht sich aber auch auf die Hektik und die scheinbar ungebremste Betriebsamkeit, die sich im Advent entwickelt, der keine „staade Zeit“ mehr ist. Dazu gehört auch die omnipräsente Kaufhausberieselung à la „Jingle bells“, die das rege Klingeln der Registrierkassen wohl musikalisch untermalen soll.

Musik in der Adventszeit kann aber auch das Gegenteil sein, wie Veranstaltungen zeigen, die klassische Musik und auch Volksmusik in Kirchen und Säle bringen, die die Wartezeit auf Weihnachten bewußt machen und eine Auszeit aus der Hektik des Trubels bieten. Dazu gehören die zahlreichen Adventssingen im Landkreis, wie in Altomünster, Bergkirchen oder in Markt Indersdorf. Dazu gehört auch das Angebot des Volksmusikarchivs, das unter anderem auch Veranstaltungen zum aktiven Singen anbietet.

Hierzu zähle ich dieses Jahr auch ein besonderes Konzert, das am kommenden Freitag um 19.00 Uhr in der barocken Kirche St. Vitalis in Sigmertshausen stattfindet. Heinz Neumaier hat neue Lieder zur „Heiligen Nacht“ von Ludwig Thoma geschrieben. Sie werden von den Moosdorfegger Sängerinnen vorgetragen werden, musikalisch begleitet von der Gröbenbach Musi. Der Dachauer Claus Weber wird die Weihnachtsgeschichte in bairischen Dialekt vortragen. Die 1915 geschriebene Erzählung wurde schon oft gelesen und gehört schon traditionell zur Dachauer Adventszeit. In Sigmertshausen laden die Organisatoren ein, sie mit der von Heinz Neumaier komponierten Musik nochmals neu zu entdecken und zu erleben. Der Eintritt dazu ist frei. Spenden sind jedoch herzlich willkommen. Der Erlös wird dem Förderverein der Hofmarkkirche Schönbrunn zugute kommen, dessen (hoffentlich in nicht allzu ferner Zukunft)  sanierter Kirchenraum sich auch bestens für Konzerte eignen wird.

Ich freue mich auf ihren Besuch und ihre Unterstützung für eines der markantesten Denkmäler in unserem Landkreis!

 

 

Das FOTO zeigt Herrenhuter Sterne auf einem Weihnachtsmarkt in Regensburg.

 

Go west

1927 bestieg ein junger Mann aus dem Schwarzwald ein Schiff der Hamburg-Amerika-Linie, um in Übersee sein Glück zu machen. In seinem Heimatort herrschte aufgrund der Wirtschaftskrise der 20er Jahre eine hohe Arbeitslosigkeit und Verwandte im fernen Amerika versprachen ihm eine bessere Zukunft.

Auch aus der Stadt und dem Landkreis Dachau machten sich in diesen Jahren viele Menschen auf den Weg nach Amerika. Ihre Namen, Abreisedaten, Alter und Berufe kann man im Archiv des Auswanderermuseums in Bremerhaven nachlesen.

Ab und an wurde  auch in den Dachauer Lokalzeitungen über Auswanderer geschrieben. Der Heimatforscher Hubert Eberl aus Bergkirchen wies mich dankenswerterweise auf einen Artikel hin, der am 30. August 1997 in den Dachauer Nachrichten erschien und über den Besuch von einem Verwandten der Familie Haas aus Bergkirchen berichtete. 1926 waren auf Vermittlung des damaligen Pfarrers Schöttl, der selbst in Amerika gewesen war, sieben junge Männer aus dieser Gemeinde ausgewandert. Einer dieser Auswanderer war Thomas Haas: „Im elterlichen Anwesen gab es nichts, was ihn hielt. Bei 13 Geschwistern konnte bei dem über 100 Tagwerk großen Hof nicht viel herausschauen. Es reichte gerade mal für das Essen.“

Ein weiterer Auswanderer aus Dachau nahm am 21. Oktober 1926 die „München“ von Bremen nach New York: der Malermeister Josef Bachmaier, der im März des gleichen Jahres zu den Gründungsmitgliedern des Trachtenvereins  „Schlossbergler“ gehört hatte, die sich weiterhin für den Erhalt der Gebirgstracht einsetzen wollten. Er blieb dem Verein auch in seiner neuen Heimat verbunden und ermöglichte durch mehrere Spenden, dass 1928 eine Tischstandarte in Dachau erworben werden konnte.

Zwei Schicksale aus unserem Landkreis unter vielen, die der Besucher des Auswanderermuseums in Bremen kennenlernen kann. Hier schlüpft er selbst in die Rolle eines Emigranten und durchlebt dessen Weg von der Einschiffung über die Reise bis hin zu Ankunft in Ellis Island. Er kann beim Abschied im Hafen die Ängste und Sorgen der Einwanderer erfahren, den schwankenden Boden im Schiff unter seinen Füßen spüren und sowohl die Enge und Strapazen der Überfahrt als auch die demütigende Prozedur der Registrierung nachvollziehen. Nach bestandenem Einwanderungstest darf er einreisen und gelangt dann zur Central Station. Er erfährt dann im weiteren Rundgang, wie es einzelnen Immigranten in ihrer neuen Heimat ergangen ist. Die Reise zurück nach Deutschland erlebt der Besucher dann aus der Perspektive eines Zuwanderers nach Deutschland in den Wirtschaftswunderjahren.

Übrigens: der eingangs genannte junge Mann kehrte bereits ein Jahr nach seiner Ankunft in den Staaten wieder nach Deutschland zurück. Sein Heimweh war stärker als seine Träume von einer goldenen Zukunft. Und so blieb die Reise meines Großvaters Emil eine Fußnote in unserer Familiengeschichte. Immerhin war sie der Anlass das Bremerhavener Auswanderermuseum zu besuchen, was ich jedem nur wärmstens empfehlen kann.

 

Die Postkarte mit dem FOTO der New York  befand sich im Nachlass meines Grossvaters.

Jäger des verlorenen Schatzes

Wer kennt ihn nicht, den Archäologen Indiana Jones, der am liebsten abseits seines Schreibtisches auf der ganzen Welt im Dschungel oder in der Wüste unterwegs ist? Er schreckt weder vor Schlangen noch vor giftigen Riesenspinnen zurück, arbeitet sich durch Bergwerke und antike Tempelanlagen und kämpft mit großem Körpereinsatz für das Gute, das am Ende immer siegt. Oder Howard Carter, den Entdecker des Grabes von Tutanchamun? Oder Heinrich Schliemann, den Entdecker des sagenumwobenen Troja?

Sie alle prägen maßgeblich unser Bild des Archäologen. Dieser wird häufig klischeehaft und romantisch als Held, enthusiastischer Forscher und Entdecker kostbarer – bisher verlorener – Schätze verklärt. Nüchtern betrachtet sind Archäologen jedoch Anthropologen, die materielle Güter zur Erforschung der Geschichte der Menschheit wissenschaftlich auswerten.

Das ging mir durch den Kopf, als ich vor zwei Wochen an einer Sitzung des Archäologischen Vereins in Dachau teilnahm. Für Romantik und Schwärmerei war da kein Platz – es ging vielmehr um das pure Überleben eines Vereins, der verzweifelt nach Menschen sucht, die bereit sind Ehrenämter und damit Verantwortung zu übernehmen. Dabei wurde bis dato schon viel geleistet, nachdem der Verein unter großem Interesse und Unterstützung der Öffentlichkeit 2008 gegründet worden war: bereits 2010 erschien die erste Publikation, unterschiedliche Arbeitsgruppen verfolgten Projekte wie die Errichtung eines Keltengehöfts oder die Erforschung von Römerstraßen. Vorträge und Ausstellungen informierten über Funde im Landkreis Dachau – darunter spektakuläre, wie den Münzfund von Stetten oder die Grabungen auf dem GADA-Gelände in Bergkirchen.

Ich fragte mich, wo der Pioniergeist der Gründerzeit geblieben war, der sich in Seminaren, Feldbegehungen und Exkursionen geäußert hatte? An seiner Stelle hatte sich Resignation breit gemacht – anhand von gesetzlichen Beschränkungen, divergierenden Vorstellungen von archäologischer Arbeit und dem Vereinsalltag.

Wie es mit dem Archäologischen Verein weitergehen wird, werden wir im laufenden Jahr erfahren….

Einen Eindruck davon, wie spannend Archäologie sein kann, kann man künftig auf jeden Fall in der vor- und frühgeschichtlichen Sammlung des Huttermuseums bekommen, die momentan neu eingerichtet wird.

 

FOTO: Ein kleiner Feigenbaum wächst zwischen römischen Kapitellen und Friesen in Arles, Südfrankreich.