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Auf die Palme bringen

Gestern las ich in einer der beiden lokalen Tageszeitungen eine Ankündigung zum Binden von „Ostersträußen“ am 8. und 9. April. Ein Blick in den Kalender bestätigte mir, dass diese Aktion am Wochenende des Palmsonntags stattfinden wird. „Aha,“ seufzte ich da, „der gute alte Palmbuschen hat jetzt offenbar auch ausgedient! Jetzt werden dekorative Ostersträuße gebunden. Wieder ein Zeichen dafür, dass auch diesem Brauch die religiöse Wurzel inzwischen verloren gegangen ist.“

Auf die Palme gebracht hat mich das schon, aber nicht im Sinne von „sich maßlos aufregen“. Ich erinnerte mich vielmehr an die Palmbuschen meiner Kindheit, die an Stecken aufgebunden mit schmückenden Eiern und bunten Bändern neben den Hauseingängen der Bauernhöfe standen. Am Palmsonntag zogen die Buben mit ihren prächtigen Buschen in die Kirche ein, neidisch bewundert von uns Mädchen. Was hätte ich damals dafür gegeben, selbst so einen Buschen tragen zu dürfen! In den 60er Jahren blieb uns Mädchen das jedoch genauso verwehrt wie der Dienst als Ministrant.

Vielleicht habe ich aus diesem Grund viele Jahre später begeistert mit einer Kollegin im Museum zwei Tage vor dem Palmsonntag eine Veranstaltung angeboten, bei der Groß und Klein, Mädchen und Buben Palmbuschen binden konnten. Zuvor gab es einen Rundgang durch die Sammlung mit Informationen zum vorösterlichen und österlichen Brauchtum: dass es von Gründonnerstag bis zur Osternacht kein Glockengeläut gebe, weil man sich vorstellte, dass die Glocken in der Karwoche nach Rom flögen und deshalb ersatzweise Ratschen zum Gottesdienst einlüden. Dass man am Gründonnerstag traditionell eine grüne Suppe zubereiten könne. Dass man an Ostern mit den Eiern „Oarwoagln“ spielen könne – ein Wettrollen auf einer schiefen Ebene. Und selbstverständlich auch, dass die Palmbuschen an den Einzug Jesu Christi in Jerusalem erinnerten, bei dem ihn viele begeisterte Menschen mit Palmwedeln in der Hand begrüßt hatten. Wir erzählten auch, dass Palmbuschen am Palmsonntag in einer Prozession in die Kirche getragen, dort gesegnet und dann nach Hause gebracht würden, wo sie oftmals das Kreuz schmückten oder über dem Stall angebracht die Tiere vor Krankheit schützen sollten.

Und die „Ostersträuße“? Ich las nochmals genauer im Programm des Veranstalters nach und fand dort, dass neben botanischen Kenntnissen über Pflanzen im Frühjahr auch auf „alte Bräuche, …, die zum Palmsonntag gehören“ eingegangen werde. So kann einen ein „Osterstrauß“ also auch im übertragenen Sinne „auf die Palme bringen“. Warum nicht?

 

 

Zum Palmbuschen oder auch „Palmbuschn“ gehören traditionell Weidenkätzchen und Buchsbaumzweige. Je nach Ort und Tradition werden zusätzlich bunte Bänder und bemalte Eier, blühende Zweige oder frische Blumen wie Narzissen in den Strauß gebunden. Wenn sie in geselliger Runde einen Buschen binden wollen, schauen sie doch auf die Ankündigungen der Pfarrgemeinden, Gartenbauvereine und Heimatmuseen. An vielen Orten im Landkreis gibt es dementsprechende Angebote.

Der selbst gebundene Palmbuschen durfte aufs FOTO.