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Warten können

Zu den liebsten Hörspielen für die ganze Familie zählte bei uns eine Geschichte mit dem Pumuckl, in der es der Kobold fast nicht mehr aushalten kann, bis die Tür zum Weihnachtszimmer geöffnet wird, weil sich da ja die begehrten Geschenke verbergen. Er fragt den Meister Eder, ob man denn die Tür nicht doch ein kleines bisschen öffnen könnte – nicht weil er so neugierig sei, oh nein – sondern ganz fürsorglich „damit die Geschenke den Pumuckl sehen können…“.

Ellis Kaut, die sich diese liebevolle Szene ausgedacht hat, wäre in diesen Tagen 100 Jahre alt geworden. Ihre Geschichten sind zeitlos und unvergessen. So fiel mir beim Nachdenken über das Warten, speziell in der Adventszeit, auch wieder der Pumuckl ein. Aber auch eine Initiative ausgehend von der Evangelischen Kirche „Zeit zum Warten“, die Anregungen für die Vorweihnachtszeit, den Advent gibt.  Der Advent, dessen Name sich von der lateinischen Bezeichnung „adventus“ für die Ankunft des Herrn am 24. Dezember ableitet, gilt von altersher als Vorbereitungszeit für das wichtige Fest der Geburt Christi.

Ein Brauch im Advent gehört für mich unbedingt zur vorweihnachtlichen Wartezeit: das tägliche Öffnen von 24 Türchen am Adventskalender, hinter denen sich kleine Bilder, verschiedene Schokoladenmotive oder andere Kleinigkeiten befinden. Jeder Morgen beginnt so mit einer Überraschung, die den jeweiligen Tag und das Warten auf Weihnachten etwas verkürzt. Es müssen ja keine ganz großen Geschenke sein, wie sie  heutzutage den Inhalt mancher Kalender bilden. Es können auch ganz andere Dinge sein, wie zwei Initiativen im Landkreis Dachau zeigen. Es gibt z.B. ein Bastelset für einen Adventskalender des Zweckverbandes Dachauer Galerien und Museen. Und viele Kirchen im Landkreis öffnen ab dem 1. Dezember vierundzwanzig Türen für Erwachsene, virtuell und real, und laden dazu ein, ein bisschen Abstand vom Alltag zu gewinnen und vielleicht auch neue Türen bei sich selbst zu öffnen. Und am 24. Dezember geht  dann auch die Tür zu unserem privaten Weihnachtszimmer auf – und dann dürfen auch endlich die Geschenke uns sehen…

Die Ursprünge des Adventskalenders liegen übrigens im 19. Jahrhundert: zunächst mit Kreidestrichen, dann mit frommen Bildchen und schließlich mit dem auch heute noch bekannten Papierkalender mit 24 Türchen und dahinter verborgenen Bildmotiven wurden Kinder damals durch die Adventszeit geführt. Heute begleiten diese Kalender auch häufig Erwachsene durch den Advent. Eine kurze Geschichte des Adventskalender finden sie unter: https://www.mein-adventskalender.de/adventskalender-geschichte/. Ausführlich geht Esther Gajek 1996 in  „Adventskalender – Von den Anfängen bis in die Gegenwart“ auf deren Geschichte ein. Das FOTO zeigt einen Ausschnitt aus einem meiner Adventskalender.

Deafs a bissal mehra sei?

Manchmal entdecke ich bei meinen Fahrten durch den Landkreis nicht nur landschaftlich wunderschöne Orte, schmucke Kirchenbauten und stattliche Bauernhöfe, sondern auch die Zeugnisse einer voranschreitenden Zersiedelung mit kunterbunten Neubauten und Zitaten der Baugeschichte aus der ganzen Welt. Wir haben Almhütten, Toskanahäuser, modernistische Kuben, ja sogar Fachwerkbauten und Bungalows, alles vereint in dicht gedrängten Neubausiedlungen, wo jeder Besitzer stolz auf seinen einzigartigen Fassadenfarbton ist…

So verändern sich unsere Dörfer im Landkreis Dachau.

Aber wie lebt es sich in so einem bunten Dorf? Wo erhält der Dorfbewohner seine Lebensmittel? Die lauten Hausfassaden verheißen Lebendigkeit, täuschen jedoch häufig darüber hinweg, dass ein geselliges Dorfleben nurmehr ansatzweise vorhanden ist, dass das Leben untertags in der nahen Großstadt stattfindet, der Einkauf auf dem Nachhauseweg, die Freizeit im privaten Rückzugsraum.

Welches Dorf hat denn heute noch ein geöffnetes Wirtshaus, in dem abends beim Bier die Weltlage debattiert oder einfach nur Schafkopf gespielt wird? Welches Dorf hat noch einen Bäcker? Einen Metzger? Oder gar einen Laden, der alles hat?

Aber hier und dort findet man tatsächlich noch einen Kramer! Solche Dorfläden sind dünn gesät, aber es gibt sie. Neulich in Sittenbach entdeckte ich zum Beispiel einen Laden, im Dorfzentrum, neben Kirche und Pfarrhaus. Jeden Tag gibt es dort frische Semmeln und alles, was die Bewohner nötig brauchen – ein gutes Gespräch inklusive. Solche Läden sind nicht nur wie die Discounter in unseren Gewerbegebieten materielle Allesversorger. Sie sorgen gleichermaßen für Leib und Seele, sie bieten den Dorfbewohnern damit auch ein Stück Heimat. Nicht die Marke „Heimat“-Milch, mit der ein Supermarkt plakativ wirbt, sondern das Heimatgefühl beim Besuch des vertrauten Geschäfts.

Sie merken schon – ich breche hiermit eine Lanze für den Dorfladen. Helfen sie diese zu erhalten und kaufen sie dort ein! Oder gründen sie einen Dorfladen in ihrem Ort – wenn dort auch noch Kaffee ausgeschenkt wird, dann komme nicht nur ich garantiert vorbei. Und sollte man mich dann fragen: „Deafs a bissal mehra sei?“ Dann würde ich antworten: „Gerne – noch mehr Dorfläden!“

 

Das FOTOgrafierte Pärchen mit Schwein ziert die Theke einer ehemaligen Metzgerei, die zu einem Gasthaus gehörte.