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Übelmanna sixt nit gern in Hausen

Welch schöne und unsinnige Sätze man doch aus kurios klingenden Ortsnamen bilden kann!

Hinter der Überschrift verbergen sich die Orte Übelmanna (Altomünster), Sixtnitgern (Odelzhausen) und Inhausen bei Haimhausen im Landkreis Dachau.

Der erstgenannte Ort erhielt seinen Namen wohl als Spottname und bei „Sixtnitgern“ scheint sich eine umgangssprachliche Redensart im Laufe der Zeit verändert zu haben. Inhausen gehört zu einer Gruppe von Ortsnamen, die ihre Bezeichnung von den Anfängen der Besiedlung im Mittelalter erhalten haben und mit „haus“ oder „hof“ enden. Die Gründer der Siedlungen stehen am Anfang wie in Inhausen (Unno) oder Odelzhausen (Otolt), Haimhausen (Haimo) oder Deutenhofen (Tito). Vielfach wird darauf Bezug genommen, dass vor dem Besiedeln zunächst Wälder gerodet werden mussten. Darauf verweisen Namen wie „Brand“ oder „-ried“ wie in Mannried, Stachusried oder schlicht Ried.

Wohnten dann also in Mannried nur Männer und in Frauenhofen ausschließlich nur Frauen? War auf dem Teufelsberg wahrhaftig der Leibhaftige zu Hause? Gruselte man sich in Schauerschorn besonders? Hier sind sicherlich Zweifel angebracht. Man könnte schließlich auch meinen, dass es in Sittenbach besonders brave Bürger gab oder in Pfaffenhofen viele Geistliche ansässig waren, obwohl der Ort nicht in der Nähe von einer besonders frommen Siedlung namens Vierkirchen liegt. Gartenliebhaber würde man eher in Gartelsried vermuten, Dachse in Daxberg? Sicherlich fühlen sich Bewohner in Miesberg auch wohl, wenn auch der Dachauer Ortsteil „Neuhimmelreich“ vielversprechender klingt.

Bei manchen Namen bleibt die eindeutige Herleitung trotz Bemühungen von Forschern im Verborgenen. Dass „üble (schlechte) Männer in Inhausen nicht gerne gesehen werden“ wie mein Blogtitel lautet, ist aber auf jeden Fall ein rechter „Schmarrn“ – was nicht nur die Einwohner von Schmarnzell bekräftigen würden.

 

Foto: Scrabble einmal anders mit Ortsnamen.

Hätten sie es gewusst?

  • Mannried geht auf einen Gründer namens „Man“ zurück.
  • Frauenhofen bezieht sich auf das nahegelegene Kloster in Indersdorf „Zu unserer lieben Frau“. 
  • Teufelsberg ist der Berg des Teufelhard (Name).
  • Schauerschorn ist eine Einöde, die 1260 in einem Grundbuch des Kloster Altomünster als „Schuochshornn“ bezeichnet wird, eventuell hatte diese die Form eines Schuhs.
  • Sittenbach liegt am Bach des Sito (Name).
  • Pfafffenhofen: Tatsächlich scheint es hier mehrere Höfe von „Pfaffen“ – gleichbedeutend mit Geistlichen – gegeben zu haben.
  • Vierkirchen kommt von „Foehren“ und hat nur eine Kirche, wenn auch eine sehr bedeutende.
  • Gartelsried: Hier war wahrscheinlich derjenige, der hier rodete, ein gewisser „Cartheri“ (um 1000 ist der Ort als  Gartherisreot“ bekannt).
  • Daxberg ist ein Berg mit Eiben.
  • Miesberg: Mit „Mies“ ist ein Moos oder Sumpf gemeint.
  • Neuhimmelreich ist  der Name für eine Mooskolonie, benannt nach einem alten Geländenamen „Himmelreich“ (hoch gelegenes und ertragreiches Flurstück). 
  • Schmarnzell: Klosterhof auf lehmigem Grund.

Mehr zu den Ortsnamen findet man in:  „Die Gemeinden des Landkreises Dachau“, Bd. 2 der Kulturgeschichte des Landkreises Dachau, die 1992 in mehreren Bänden im Bayerland-Verlag erschien. Auch beim Verband für Orts- und Flurnamenforschung erfährt man mehr über die Herkunft der Namen.

Deafs a bissal mehra sei?

Manchmal entdecke ich bei meinen Fahrten durch den Landkreis nicht nur landschaftlich wunderschöne Orte, schmucke Kirchenbauten und stattliche Bauernhöfe, sondern auch die Zeugnisse einer voranschreitenden Zersiedelung mit kunterbunten Neubauten und Zitaten der Baugeschichte aus der ganzen Welt. Wir haben Almhütten, Toskanahäuser, modernistische Kuben, ja sogar Fachwerkbauten und Bungalows, alles vereint in dicht gedrängten Neubausiedlungen, wo jeder Besitzer stolz auf seinen einzigartigen Fassadenfarbton ist…

So verändern sich unsere Dörfer im Landkreis Dachau.

Aber wie lebt es sich in so einem bunten Dorf? Wo erhält der Dorfbewohner seine Lebensmittel? Die lauten Hausfassaden verheißen Lebendigkeit, täuschen jedoch häufig darüber hinweg, dass ein geselliges Dorfleben nurmehr ansatzweise vorhanden ist, dass das Leben untertags in der nahen Großstadt stattfindet, der Einkauf auf dem Nachhauseweg, die Freizeit im privaten Rückzugsraum.

Welches Dorf hat denn heute noch ein geöffnetes Wirtshaus, in dem abends beim Bier die Weltlage debattiert oder einfach nur Schafkopf gespielt wird? Welches Dorf hat noch einen Bäcker? Einen Metzger? Oder gar einen Laden, der alles hat?

Aber hier und dort findet man tatsächlich noch einen Kramer! Solche Dorfläden sind dünn gesät, aber es gibt sie. Neulich in Sittenbach entdeckte ich zum Beispiel einen Laden, im Dorfzentrum, neben Kirche und Pfarrhaus. Jeden Tag gibt es dort frische Semmeln und alles, was die Bewohner nötig brauchen – ein gutes Gespräch inklusive. Solche Läden sind nicht nur wie die Discounter in unseren Gewerbegebieten materielle Allesversorger. Sie sorgen gleichermaßen für Leib und Seele, sie bieten den Dorfbewohnern damit auch ein Stück Heimat. Nicht die Marke „Heimat“-Milch, mit der ein Supermarkt plakativ wirbt, sondern das Heimatgefühl beim Besuch des vertrauten Geschäfts.

Sie merken schon – ich breche hiermit eine Lanze für den Dorfladen. Helfen sie diese zu erhalten und kaufen sie dort ein! Oder gründen sie einen Dorfladen in ihrem Ort – wenn dort auch noch Kaffee ausgeschenkt wird, dann komme nicht nur ich garantiert vorbei. Und sollte man mich dann fragen: „Deafs a bissal mehra sei?“ Dann würde ich antworten: „Gerne – noch mehr Dorfläden!“

 

Das FOTOgrafierte Pärchen mit Schwein ziert die Theke einer ehemaligen Metzgerei, die zu einem Gasthaus gehörte.