Schlagwort: Kirchenlied

Ist Mary Poppins eine Schirmherrin?

Haben sie sich auch schon einmal gefragt, wer eine „Schirmherrin“ ist und was sie tut? Welche der folgenden Antworten würden sie für richtig halten? Die Aufgaben einer Schirmherrin erfüllt: 1.) Mary Poppins; 2.) Patrona Bavariæ; 3.) keine von beiden.

Ich stellte mir die Frage erst neulich, als ich als scheidende Schirmherrin um ein Grußwort gebeten wurde. Da erinnerte ich mich an einen Schirm, den mir einst Kolleginnen schenkten, um eine meiner neuen Aufgaben als Heimatpflegerin erfüllen zu können.

Die Bedeutung des Wortes „Schirm“ läßt sich durch die Herkunft vom mittelhochdeutschen scirm = Schutz erklären. Damals war mit scirm „ein über den Schild gezogenes Fell“ gemeint. Heute verstehen wir darunter einen „meist runden, gewölbten Gegenstand, der vor bestimmten Dingen schützt“. Regen, Sonne und noch mehr.

Und ein Schirmherr? Laut Grimmschem Wörterbuch, das ab 1838 geschrieben wurde, ist ein Schirmherr ein „patronus“, der „den schutz über eine stadt, land und dergleichen oder über gewisse personen ausübt“. Die in Hessen beheimateten Brüder Grimm gingen nicht auf die Möglichkeit einer „Herrin“ ein – in Bayern jedoch verspricht die „patrona bavariæ“ schon seit Jahrhunderten dem Land und seinen Bürgern Schutz.

Gerade nach den verheerenden Schäden des Dreissigjährigen Krieges wandten sich die überwiegend der katholischen Kirche Zugehörigen an die Gottesmutter, von der sie sich Schutz, Hoffnung, Trost und Hilfe versprachen. Ein noch heute sichtbares Zeichen dafür ist die von Hubert Gerhard gestaltete Mariensäule, die den Mittelpunkt des Marienplatzes in München bildet. Die Schutzsuche der Zeit drückt auch ein 1640 komponiertes Kirchenlied aus, das mit „Maria breit den Mantel aus, mach Schirm und Schild für uns daraus….“ beginnt.

Aber kann man Maria als „Schirmherrin“ bezeichnen?

Und Mary Poppins, das wohl berühmteste Kindermädchen der Literatur, das bei Ostwind mit aufgespanntem Schirm direkt vor die Haustür der Familie Banks segelt?

Wohl eher nicht. Denn der zweite Teil des Wortes (Schirm- ) Herrin wird heute mit Gebieterin oder Besitzerin gleichgesetzt; so spricht man auch von Hausherrin oder Schlossherrin. „Schirmherrin“ wird in unserer Zeit eher in einem übertragenen und ideellen Sinn verwendet und hat weniger, wenn nicht sogar überhaupt nichts, mit Besitz und Majestät zu tun. Schirmherren und -herrinnen begleiten und unterstützen Projekte, Ideen, Institutionen. Sie sind der gute Geist vieler caritativer oder kultureller Veranstaltungen und Veranstaltungsreihen – wenn auch der viel zitierte „Rettungsschirm“ einen negativen Klang mit sich gebracht hat.

So haben sie mit der anfangs vorgeschlagenen Lösung Nr. 3 richtig gelegen.

Übrigens beschloss ich als Folge dieser Überlegungen meiner Nachfolgerin als Schirmherrin des Seniorenstudiums des Dachauer Forums auch einen Schirm zu schenken. Er ist nach wie vor ein schönes Zeichen für eine Projekt-Patenschaft.

 

 

 

Diesen Beitrag widme ich meinen ehemaligen Kolleginnen Anni, Astrid, Birgit, Brigitte, Claudia, Gundi, Itti, Lydia, Marianne, Rosemarie, Sabine und Susanne. Ihr Schirm begleitete mich bisher nicht nur als Schirmherrin, sondern auch an vielen Regentagen.

 

Das Schirmgewölbe auf dem FOTO wurde in Aigues-Mortes in der Provence aufgenommen.