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Lasst und froh und munter sein!

– so beginnt ein bekanntes Nikolauslied. Seit vielen Jahrhunderten wird am 5. und 6. Dezember an den Heiligen aus Myra gedacht. „1500 Jahre Tradition, legendäre Überhöhung, frömmste Inbrunst, kitschigste Verniedlichung und gnadenloseste Vermarktung, alljährlicher millionenfacher Aufmarsch von Schoko-Nikoläusen in Supermarktregalen, pädagogische Instrumentalisierung, folkloristische Einvernahme und werbemäßige Trivialisierung hat der große alte Mann erstaunlich gut überstanden…“ – so Gerald Huber in seinem Buch über Weihnachten und seine Bräuche.

Bekannt ist der Heilige Nikolaus vor allem durch Legenden des 6. Jahrhunderts, die sein reales Leben als Bischof überstrahlen. In den Erzählungen erscheint er als wohltätiger Helfer in der Not, der drei armen Frauen eine Mitgift schenkt, Seeleuten in Seenot hilft und Kinder aus Notsituationen rettet. Zu einer pädagogischen Figur wurde Nikolaus erst ab dem 19. Jahrhundert: im Struwwelpeter erscheint er mit rotem Gewand und pelzbesetzter Mütze und steckt drei freche Knaben zur Bestrafung in ein Tintenfass – eine aus heutiger Sicht mehr als fragwürdige Aktion!

Schon zuvor hatte sich das Bild des Heiligen verändert. Durch das Vordringen des Protestantismus verloren Heilige generell an Wichtigkeit. Es zählte nurmehr der Glaube an sich und nicht mehr die vermittelnde Hilfe der Heiligen. Der Reformator Martin Luther versuchte auch das mit dem Gedenktag des Nikolaus verbundene Schenken auf Weihnachten zu verlegen und stattdessen das Christkind als Überbringer der Geschenke zu etablieren. Die katholische Kirche schließlich legte dann im 17. Jahrhundert ein neues Kirchenjahr fest, in dem der Nikolaustag kein allgemein gültiger Feiertag mehr war, wodurch der Nikolaustag an Bedeutung verlor.

Der Nikolaus und der Geschenkebrauch lebten aber weiter. In einer Predigt des Augustinermönchs Abraham a Sancta Clara (1644-1709) lesen wir:„Es ist eine uralte Gewohnheit, daß der Nikolaus Geschenke bringt. Er kommt aber eine Nacht vorher, um die Kinder zu prüfen und zu examinieren, ob sie auch (…) gut unterwiesen sind in Glaubenssachen, im Buchstabieren, Silbenteilen, Lesen und Schreiben. Im Rechnen? In Sprachen?“ A Santa Clara führte weiterhin aus, dass auch das Wohlverhalten abgefragt wurde.

Bis heute gibt es eine Belohnung für „brave“ Kinder, die allerdings nicht mehr geprüft – oder wie Abraham a Santa Clara schrieb „examiniert“ werden. Denn Schwerpunkt war und sollte sein, wie der Brauchforscher Becker-Huberti schreibt, vor allem die „positive Verstärkung“: Kinder sollten im Sinne des gütigen Nikolaus mit Lob auf den rechten Weg  gebracht werden. Der Besuch des Heiligen sei von jeher nicht als „angsteinflößendes Spektakel“ gedacht gewesen. Heutzutage sagen Kinder ein kleines Gedicht auf, überreichen ein selbst gemaltes Bild oder singen ein Lied. Manchmal ist es auch „Lasst und froh und munter sein…“

 

FOTO: Birgitta Unger-Richter, Schoko-Nikoläuse im Supermarkt.

Mehr zum Nikolaus und vorweihnachtlichen Bräuchen bieten: Manfred Becker-Huberti: Feiern, Feste, Jahreszeiten. Lebendige Bräuche im ganzen Jahr. Freiburg 2001 und Gerald Huber: 1200 Jahre Weihnachten. Ursprünge eines Fests, München 2019.

Am Sonntag, den 6. Dezember kommt der Nikolaus nicht nur in Privathaushalte, sondern auch in das Hutter-Museum in Großberghofen. Dort werden auch gemeinsam Nikolauslieder gesungen werden! Das Museum ist geöffnet und Kinder können Mosaike basteln. Im Freien gibt es Bratwürste und Glühpunsch.