Das kommt in die Tüte

Schulanfang – Schultütenzeit! Und was kommt in die Tüte? Früher zeigte schon die Bezeichnung „Zuckertüte“, dass vor allem Süßes darin zu finden war. Bereits 1817 wird berichtet, dass einem Schulanfänger eine „Tüte Konfekt“ mitgegeben wurde. Rund hundert Jahre später erzählte Albert Sixtus in seinem Buch „Der Zuckertütenbaum“ (1920) die Geschichte von einem Baum, an dem im Keller der Schule Zuckertüten wachsen. Wenn diese reif seien, dann sei es für die Kinder Zeit, in die Schule zu gehen.

Eine Geschichte, die mir neu war. Kein Wunder, denn dieser Brauch kam erst relativ spät in den Süden der Bundesrepublik. Er hat seine Wurzeln im protestantischen Osten in Thüringen, Sachsen und Schlesien, wie der Volkskundler Hermann Bausinger herausfand. Dort gab es auch ab 1910 die erste industrielle Produktion von Zucktertüten bei der Firma Nestler im Erzgebirge. In den katholischen Süden kam die hier als „Schultüte“ bezeichnete Tüte erst ab den 50er Jahren mit dem Wirtschaftswunder, zunächst in den Städten und später auf dem Land.

Wissen sie noch, was in ihrer Schultüte war? Meine Schwester, die auf dem Foto aus den 70er Jahren abgebildet ist, meint, dass sie Buntstifte oder Wachsmalkreiden neben Süßem erhalten habe.

Das scheint auch heute noch der Brauch zu sein: Nützliches für den Schulanfang und etwas zum Naschen, um den jetzt beginnenden „Ernst des Lebens“ zu versüßen. Und dann wird heutzutage nach dem ersten Schulbesuch auch mit Eltern, Geschwistern und häufig auch den Großeltern bei Kaffee und Kuchen oder mit einem Restaurantbesuch das Ereignis gefeiert. Manchmal gibt es dann nicht nur eine Tüte, sondern gleich mehrere.

Die „offizielle“ Schultüte wird dabei häufig von den Müttern oder Vätern bereits im Kindergarten gebastelt: rund oder vieleckig mit Motiven wie Märchenfiguren, Astronauten, Comicfiguren, Pferden, Feen – je nach Vorlieben des Schulanfängers. Oben wird sie mit einem Krepppapier oder Stoff zugebunden, sodass man den Inhalt nicht sehen kann. So bleibt die Spannung bis nach dem ersten Schulbesuch bestehen: was wird wohl in der Tüte sein? Buntstifte, Radiergummi, Trinkflasche, Brotzeitbox und auch, wie mir mitgeteilt wurde, manchmal ein Handy und natürlich Süßes, heutzutage häufig gesundheitsbewußt mit weniger Zucker.

Auf jeden Fall stecken in jeder Tüte Dinge, die mit den Augen nicht zu sehen sind. Es sind die guten Wünsche, die alle Eltern ihren Kindern mitgeben: Freude am Lernen, eine nette Klassengemeinschaft und eine verständnisvolle Lehrkraft. Meine Nichte wird übrigens als frischgebackene Lehrerin im Herbst ihr Referendariat beginnen und von ihrer Mutter (auf dem Foto) eine Schultüte erhalten. Ihr und allen Schulanfängern wünsche ich einen guten Start ins Schulleben!

 

FOTO: Dank an meine Schwester für ihr Einschulungsfoto, das ein Schulfotograf gemacht hat. Er brachte eine Schultüte mit Figuren mit und legte eine Fibel vor sie auf den Tisch.

Weitere Informationen zur Schulttüte lieferte Brauchwiki mit weiterführender Literatur und ein Beitrag auf der Webseite des mdr. Wer als Lehrkraft neu im Landkreis Dachau ist, ist herzlich zu einer „Schnuppertour“ mit der Kreisheimatpflegerin am 28. September eingeladen. Bei der nachmittäglichen Busrundfahrt können sie Kunst, Kultur und viele Ansprechpartner kennenlernen. Anmeldungen erfolgen über FIBS.

 

 

 

 

 

 

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