Liebe Krawattenträger – bald ist es wieder soweit: am „Unsinnigen Donnerstag“ sind die Trophäenjägerinnen wieder unterwegs, um mit einem kräftigen Schnitt Schlipse zu durchtrennen.
Als Heimatpflegerin wurde ich schon des öfteren gefragt, ob es dafür historische Wurzeln oder ernsthafte Traditionen gebe? Eine schnelle Antwort wäre, dass gerade am „Unsinnigen“ Donnerstag sich diese Frage ja wohl von selbst verbiete… Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht. Die seriöse Webquelle Brauchwiki schreibt dazu: „Die Krawattenjagd ist ein Brauch, der seit den 1960er Jahren in Deutschland flächendeckend verbreitet ist. Die Frauen schneiden hier, meist zur „Weiberfastnacht“ (Donnerstag vor Rosenmontag), den Männern die Krawatten ab. Auch dieser Brauch ist als Machtübernahme zu verstehen, hier kommt allerdings auch die Bedeutung der weiblichen Machtdemonstration zum Tragen. Manche sprechen hier gar von einer symbolischen Kastration des Mannes, da die Krawatte ein typisch männliches (…) Kleidungsstück ist.“
Dass Krawatten ein männliches Symbol werden könnten, das haben sich die Erfinder derselben sicherlich nicht gedacht. Es waren nicht die Feuersteins, wie die eine Krawatte auf meinem Foto vielleicht suggerieren mag. Kroatische Söldner hatten sie am Hofe Ludwig XIV populär gemacht, nachdem sie zuvor bereits Bestandteil soldatischer Uniformen gewesen war. Die Binder wurden „à la cravate“- nach kroatischer Art – genannt und avancierten zum modischen Accessoire. Auch Frauen ergänzten damit gerne ihre Reitkleidung. Richtig in Mode kamen Krawatten allerdings erst im 20. Jahrhundert und wurden auch von Frauenrechtlerinnen gerne getragen.
Und heute? Den klassischen Krawattenträger gibt es zunehmend weniger, denn die auch als „Schlips“ oder „Binder“ bezeichneten Textilien sind immer seltener Bestandteil der Dienstkleidung. Der Dresscode in großen Unternehmen verändert sich stetig in Richtung „casual“ und selbst in den Bankinstituten darf es heutzutage legerer zugehen. Dazu kommt, dass immer mehr Frauen verantwortungsvolle Positionen übernehmen. So kann es gut sein, dass sich auch die Bedeutung der Krawatte ändern wird.
Vielleicht wird damit – in nicht mehr allzu ferner Zukunft – die Sammlung einer Kollegin aus dem Landratsamt, die ich für diesen Beitrag fotografiert habe, historische Bedeutung erlangen: als Beleg für einen einstigen Brauch und eine Dokumentation des modischen Wandels der Krawatte. Erstaunlich, was sich Krawattendesigner so alles ausgedacht haben! Mein persönlicher Favorit der Sammlung ist übrigens, wie sie sicherlich erraten haben, das Steinzeit-Exemplar mit Fred Feuerstein und Barney Geröllheimer…
Das FOTO wurde 2017 im Büro einer Kollegin im Landratsamt Dachau aufgenommen. Ihre Sammlung wächst stetig und wird auch immer wieder umdekoriert.