Schlagwort: Heimat

Heimatkrimi

„Je friedfertiger und demokratischer eine Gesellschaft ist, desto brutaler und gruseliger ihre Krimis“ – so jedenfalls wagten meine Buchändlerin und ich diese Woche eine These, als ich auf der Suche nach neuem Lesestoff war. Die Mankells, Larssons, Blaedels der skandinavischen Länder sind wahrhaftig nichts für schwache Nerven. Und auch quer durch Deutschland wird in Film und Literatur gemordet und ermittelt was das Zeug hält.

Dabei hat sich eine regionale Spezies etabliert, die mit dem Etikett „Heimatkrimi“ versehen wurde. Den Beginn eines sicherlich lukrativen Geschäfts mit dieser Gattung markiert der allseits bekannte Allgäuer Kommissar Kluftinger. Zahlreiche Alpen-, Franken- und Oberbayernkrimis folgten. Doch auch andere Gegenden Deutschlands haben nachgezogen, sodass inzwischen auch in der Eifel und im Schwarzwald überdurchschnittlich viele Tatorte und Verbrechen anzutreffen sind…

Ein zünftiger Heimatkrimi spielt meist in einer ländlichen, idyllischen Gegend. Viele der Protagonisten sprechen Dialekt, essen heimische Gerichte und nutzen bekannte Orte, Vereine und Bräuche als authentische Kulisse für ein fiktives Verbrechen. Der Leser findet so genügend Anknüpfungspunkte, um sich in der Szenerie heimisch zu fühlen. Dabei sparen die Autoren auch nicht mit Klischees, von den Buchtiteln bis zur Charakterisierung von Personen – wer denkt da nicht auch an den Arzt Dr. Langhammer, der den neurotischen Gesundheitsapostel und Gegenpart zum Genußmenschen Kluftinger gibt.

An dieser Stelle muss ich mich ebenfalls als Konsument dieser, in ihrer Qualität manchmal recht unterschiedlichen Bücher zu erkennen geben. So lese ich zum Beispiel sehr gerne die Abenteuer des Studienrates Hummel und seines Journalistenfreundes Riesle, die in meinem Geburtsort Villingen-Schwenningen am Rande des Schwarzwalds ermitteln. Wenn sie einen Mord im Eisstadion aufklären, dem Verbrecher durch das Schwenninger Moos folgen oder abends mehrere Gläschen in der alten Zähringerstadt Villingen zu sich nehmen – dann fühlt sich das wie ein Ausflug in meine erste Heimat an. Die Kriminalstory ist dabei nur zweitrangig.

Vielleicht ist das auch das Geheimnis des Erfolges dieser Krimis, die  auf der „Heimatwelle“ reiten: sie bringen Vertrautes mit einer spannenden Geschichte zusammen und lassen dem Leser gerade soviel Raum zum Gruseln, dass der Wohlfühlcharakter auf der heimischen Couch nicht gefährdet wird. Nebenbei nehmen sie häufig Heimatklischees aufs Korn, lassen einem das Wasser im Mund zusammenlaufen bei der Schilderung kulinarischer Köstlichkeiten und bringen den Leser durch ironische Überzeichnungen häufig zum Schmunzeln. Das dadurch erzeugte Heimatgefühl macht einem zum Vertrauten, ja zum Komplizen, der ganz nahe am Geschehen ist.

Jetzt fehlt mir eigentlich nur noch der erste Heimatkrimi aus dem Landkreis Dachau…

 

Für das FOTO ließ ich mich in der heimischen Küche inspirieren: mein Messerblock wurde so zum „Model“.

Heimat 2.0

Seit der Begriff „Heimat“ sich von seinem teilweise problematischen Image gelöst hat, setzen sich immer mehr Menschen inhaltlich damit auseinander. „Heimat“ ist inzwischen sogar zum Marketingschlagwort geworden, um von der Bauernmilch bis zum Trachtengwand allerlei an den Mann und die Frau zu bringen. Auch die Fernsehserie „Dahoam is Dahoam“ postuliert ein Heimatbild, das an den fiktiven Ort „Lansing“ gebunden ist – und damit, ironischerweise, gar nicht zu soweit weg ist von der Heimat als Utopie, wie Ernst Bloch sie sah…

„Heimat“ folgt heute längst nicht mehr der juristischen Definition des 19. Jahrhunderts für den Ort, wo man geboren wurde. In Zeiten einer modernen mobilen Gesellschaft mit unterschiedlichen Arbeitsplätzen und Wohnorten muss sie immer wieder aufs neue erworben werden. Vielleicht sehnt sich deshalb mancher nach seiner Kindheit als emotionale Heimat.

Womit keiner gerechnet hatte, ist, dass die Mobilität in unseren Tagen eine solche Dimension annehmen würde: dass hunderttausende Menschen auf der Flucht aus ihrer Heimat sind, um Krieg und Not zu entkommen und nun verzweifelt versuchen, eine neue Heimat zu finden.

Dies alles stellt auch die Heimatpflege vor ganz neue Herausforderungen. Und die sich daraus ergebenden Konsequenzen sind heute noch nicht absehbar.

Zu den Aufgaben der Heimatpflege gehört ja zunächst das Bewahren des Brauchtums der jeweiligen Region, der Blick auf die Tradition und den zeitgemäßen Umgang damit.

Viele unserer Traditionen beruhen aber auf einem gemeinschaftsstiftenden Miteinander, etwa beim Singen, Feiern, Musizieren und Tanzen.

Vielleicht lässt sich das ja auch auf die neu entstehenden Gemeinschaften anwenden? Dann werden wir uns besser gegenseitig verstehen und aus der jeweils „fremden Heimat“ kann dann eine neue Heimat werden. Eine Idee dazu: vielleicht wird ja im nächsten Jahr im Mai an dem einen oder anderen Maibaum ein neues Taferl befestigt werden – ein Beitrag der Neubürger aus Syrien oder Afrika….

 

FOTO:  Die Marienkapelle bei Weyhern liegt idyllisch im Grünen.

Heimatpflege – zeitgemäß?

Welche Assoziationen weckt bei ihnen das Wort „Heimatpflege“? Der eine wird vielleicht an Trachtenvereine und Volksmusik denken, der andere hat möglicherweise die Bewahrung von Brauchtum im Sinn. Wieder andere mögen bei Heimatpflege an den Erhalt historischer Bauwerke denken.

Manch einer mag sich aber auch fragen, ob all das in unserer globalisierten Welt Bestand haben kann, ja zeitgemäß ist?

Heimatpflege ist für mich zeitgemäß, wenn sie sich nicht nur auf das Bewahren der Kulturgeschichte beruft, sondern sich auch in der Gegenwart verortet und die Frage nach der Zukunft stellt, ohne dabei vorgefertigte Meinungen zu wiederholen.

Zwischen „Dorf und Metropole“ lautet der Titel des kürzlich abgeschlossenen Raum- und Siedlungsprojektes des Landkreises Dachau, der sich auch auf die Situation der Heimatpflege beziehen lässt: Wo stehen wir mit unserem Landkreis und seinen Traditionen in der globalisierten Welt? Was haben wir bisher bewahrt, wie gehen wir damit in der Gegenwart um und wie wollen wir diese in die Zukunft tragen? Wie weit können wir Veränderungen zulassen, ohne das Charakteristische, Einmalige zu verlieren? Und grundsätzlich stellt sich die Frage nach der Wertschätzung unserer Heimat: Was ist uns unsere Heimat wert, wenn es um Fragen der Wirtschaftlichkeit geht?

Heimatpflege findet nicht nur im Museum statt, sondern ist Bestandteil des täglichen Lebens. Damit ist Heimatpflege eine sich immer wieder neu stellende Herausforderung, nicht nur für den hauptamtlichen Heimatpfleger sondern für alle, die den Wert der Heimat schätzen. Dazu gehören Vereine, aber auch einzelne Heimatforscher und Kulturschaffende und Kulturinteressierte, die die Kulturangebote im Landkreis nutzen. Hier treffen sich sowohl Neubürger als auch Alteingesessene, denen ihre Heimat wichtig ist.

So kann Heimat- und Kulturpflege heute nicht nur die klassischen Gebiete bedienen, sondern auch bei der Suche nach einer neuen Heimat Tradition und Moderne, Altbürger und Neubürger zusammenführen und integrativ und auch innovativ wirken.

In diesem Sinne sollen in diesem Blog aktuelle Themen aufgegriffen werden, Brücken zwischen Tradition und Moderne gebaut und Dinge erörtert werden, die mir aufgefallen sind, die mir wichtig sind oder die ich für diskussionswürdig halte.

 

In diesem Sinne

freue ich mich auf ihr Interesse !

 

 

Die Gartenzwerge auf dem FOTO schmücken das Fenster eines alten Bauernhauses in der Nähe von Ainhofen.