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Basst!

Sicherlich sind sie ihnen auch schon aufgefallen, die leuchtenden elektronischen Tafeln, die vermehrt an Ortseingängen und vor 30er-Zonen stehen. Sie zeigen die gefahrene Geschwindigkeit an, häufig mit einem lachenden Smiley in grün oder einem mit heruntergezogenen Mundwinkeln in rot. Damit verdeutlichen sie, dass man mit dem „richtigen“ Tempo unterwegs ist oder etwas verlangsamen sollte. Manchmal animieren sie auch schon weit vor dem Ort zum Herunterbremsen, um einen dann mit dem Symbol des hochgestreckten Daumens bei der zweiten Tafel  zu belohnen.

Inzwischen interessieren mich bei diesen Tafeln vor allem die Texte, die an einigen Orten zu finden sind:  „Danke“,  „Gute Fahrt“ gehören dazu oder „Guten Morgen“. Und bei all diesen ist mein persönlicher Favorit die Anzeigetafel am Ortseingang von Dachau, nach der Einmündung zum Krankenhaus. Dort erhielt ich bisher die kreativsten Botschaften. Zur Volksfestzeit rief sie zur Teilnahme auf mit „Auf geht’s“, während der Pandemie wünschte sie „Bleiben sie gesund“.  Neulich träumte ich in Gedanken versunken,  dass künftige Anzeigen persönliche Botschaften senden würden wie „Guten Morgen liebe Birgitta, gut geschlafen? Ich wünsche dir einen schönen Tag!“  Eine ähnliche Idee  hatte übrigens der Regisseur Mick Jackson in seinem Hollywoodfilm „L.A. Story“ von 1991. Ohne zuviel vorneweg zu verraten – dort spielte eine Anzeigetafel eine wichtige Rolle, weil sie einem Meteorologen, gespielt von Steve Martin,  zum Happy End in einer Liebesbeziehung verhalf.

Aber bis unsere Tafeln solche Botschaften senden, freue ich mich über weitere kreative Kurzbotschaften, so wie neulich in Oberroth: „Basst!“

 

Foto: Anzeigetafel in Dachau, Ortseingang von Günding kommend.

Übrigens ist im Februar Valentinstag – wäre das eine Idee für die Texter der Anzeigetafeln?

Haaatschi!!!

Es könnte so schön sein: es ist warm, die Blumen und Gräser blühen, die Natur lockt zum Verweilen im Freien. Wenn da nicht die Pollen wären, die bei empfindlichen Allergikernasen ein kräftiges „Haaatschi!!!!“ auslösen.

Viele greifen da schnell zu einem Taschentuch, das aus einer Plastikverpackung gezogen wird. Vielleicht nehmen sie auch ein Baumwoll-Taschentuch aus der Schublade? Eher unwahrscheinlich. Das Stofftaschentuch ist inzwischen aus der Mode gekommen. Was die Hygiene anbelangt, hat ihm das Papiertaschentuch eindeutig den Rang abgelaufen.

Das war nicht immer so. Erstmals taucht das textile Taschentuch bei den Römern auf, die es je nach Form als Schweißtuch, Serviette oder auch Tuch zum Schneuzen der Nase benutzten. Über das Mittelalter bis in die Neuzeit hinein war es dann vor allem ein Statussymbol des Adels und des Klerus. Kein Wunder, dass diese Taschentücher aus feinstem Material wie Leinenbatist oder Seide waren, für Damen reich verziert, mit Spitzen oder Perlen bestickt. Ab dem 18. Jahrhundert sind dann die ersten bedruckten Taschentücher bekannt. Im 19. Jahrhundert benutzten dann auch  Bürger und Bauern baumwollene Tücher.

Im 20. Jahrhundert tritt dann das Papiertaschentuch seinen Siegeszug an: 1929 wird das erste Warenzeichen für ein Taschentuch aus reinem Zellstoff  in Nürnberg mit dem Namen „Tempo“ eingetragen – bis heute in Deutschland der Inbegriff des Taschentuchs. In Amerika setzte sich hingegen die Bezeichnung „Kleenex“ durch.

Das „Sacktüchel“ wird heute immer noch gerne als Schnupftuch, modisches Einstecktuch oder bei traditionsbewussten Bayern als „Bschoadtüchel“ verwendet. Wenn sich allerdings ein eindeutiges Kitzeln in der Nase einstellt, dann wird wohl zum bewährten Papiertaschentuch gegriffen. Wie auch immer – in jedem Fall wünsche ich : „Gesundheit!“.

 

 

Dieser Blogbeitrag ist Gabriele Donder-Langer gewidmet, die 1999 mit der Ausstellung „Menschen, Nasen, Taschentücher“ Grundlagenforschung zur Kulturgeschichte des Taschentuchs geleistet hat. Er ist gleichzeitig ein Dank für ihre Arbeit als Heimatforscherin, Archivarin und Museumsbeauftragte in Haimhausen.

Das FOTO zeigt eine Auswahl aus meiner Taschentuchsammlung, zu der auch ein gehäkeltes Beutelchen gehört. Es wurde mir von einer meiner Großtanten geschenkt, damit ich mein schönes Ausgeh-Taschentuch geschützt in der Handtasche mitnehmen konnte.