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Der Lenz ist da

Der Lenz ist da! Auf der „Kreativ-Wiese“ in Kollbach steht Frau Flora gerade im Mittelpunkt einer frühlingshaften Dekoration mit vielen Blumen, Gockelnestern und einem Schriftzug „Lenz“.

Was vor einigen Jahren als einmalige Idee begann, hat sich inzwischen zur festen Einrichtung in Kollbach gewandelt – ein Wiesenstück in der Ortsmitte, das mit immer neuen Dekorationen bestückt wird. 2019 begannen einige Bürger auf einem brach liegenden Grundstück gegenüber dem Gasthaus mit Blumen und Dekoration etwas Farbe in den Ort zu bringen. Inzwischen werden je nach Jahreslauf immer wieder neue Themen in Szene gesetzt.

Bis heute ist die Wiese ein beliebtes Ziel bei Spaziergängern. Aber auch Autofahrer halten immer wieder an und loben die beiden Gestalter Elisabeth Bauer und Hans Dirigl für die immer wieder neuen Ideen. Die Kreativität strahlt auch auf andere aus: die beiden wurden auch schon von den Kindern des Waldkindergartens unterstützt, die für die Wiese Sterne oder Wichtel bastelten. 2021 gab es eine besondere Aktion: jedes Kind, das für den Osterhasen ein Osterbild malte und es in einem eigens dafür aufgestellten Briefkasten einwarf, erhielt ein kleines Ostersäckchen nach Hause gebracht. Diese Aktion war ein kleiner Ersatz und Trost für die in der Coronazeit nicht stattfindende Ostereiersuche.

Apropos Osterhase: als ich in Kollbach war, wartete bereits eine Figur in der Schubkarre darauf, dass sie sich in einen Hasen verwandelt. Für die vielen weiteren Hasenfiguren, die sich dann mit ihm zusammen auf der Wiese versammeln werden, stiften Kollbacher Bürger auch Kleidung wie Dirndl oder Lederhose und einen Namen. Diese Paten feiern dann die Hasentaufe auf der Kreativwiese mit einem Umtrunk.

So ist die Wiese nicht nur ein dekorativer Hingucker, sondern auch ein Platz der Begegnung im Ort, der auch zum Mitmachen und zur Geselligkeit einlädt. Und für die Vorbeifahrenden ist sie ein netter Gruß, der viele zum Schmunzeln bringt. Aktuell ist der Lenz da und läßt sein blaues Band flattern, bis er vom Osterhasen abgelöst wird…

 

 

 

 

 

 

Titelfoto und „Lenz“: Birgitta Unger-Richter

Die folgenden Bilder stammen von der Ortschronistin Frau Berberich aus Kollbach, die die Wiese für die Installationen zur Verfügung stellt und alle bisherigen Dekorationen dokumentiert hat. Mein herzlicher Dank gilt ihr und Elisabeth Bauer und Hans Dirigl, die mir viel über ihre Wiese berichtet haben.

 

Mein Gartenzwerg

„Jeder Mensch hat einen eigenen Gartenzwerg“ – so eröffnete vor vielen Jahren meine Germanistikprofessorin die Abschlussprüfung und verblüffte mich damit dermaßen, dass mir zunächst keine Antwort einfiel. Hatte ich mich doch auf Fragen zu den Schriftstellern und der Literatur der Aufklärung eingestellt…

Daran erinnerte ich mich, als ich anlässlich eines Vortrags über Gartenbauvereine, Schrebergärten und Gartenstädte recherchierte.  Denn dabei stieß ich auf das Forschungsgebiet der „Nanologie“ – der Gartenzwergkunde, die sich wissenschaftlich mit Herkunft, Bedeutung und Wesen des Gnomen befasst. Als Wurzeln für die Zwerge hat diese unter anderem Sagen und Mythen ausgemacht, in denen Wichtel als fleissige Bergmänner erscheinen – als bekannteste Vertreter können hier die sieben Zwerge aus „Schneewittchen“ genannt werden.

Als steingewordener Gartenschmuck tauchten sie zunächst im höfischen Umfeld auf, so auch im berühmten barocken Mirabell-Garten in Salzburg. In die bürgerlichen Gärten schafften sie es erst im 19. Jahrhundert. Aufgrund der großen Nachfrage entwickelte sich eine industrielle Produktion von tönernen Zwergen, deren bekannteste Manufaktur seit 1874 bis heute in Thüringen besteht.

Soweit die Geschichte – aber wie steht es um das heutige Image des Gartenzwergs? Als Kind mochte ich die kleinen Männchen mit den roten Zipfelmützen, der Laterne oder einer Schubkarre. Besonders beeindruckend war, wenn sie in einer künstlichen erstellten Tuffsteinlandschaft standen, umgeben von weiteren Märchenfiguren – und dann fuhr da noch eine Eisenbahn durch diese Zauberwelt! Ich erinnere mich auch noch vage an zwei Exemplare, die ich als Kind selbst besaß, die meine Mutter aber in einen hinteren uneinsehbaren Gartenteil unseres Grundstücks verbannte – heute verstehe ich auch warum.

Denn bis heute gilt der Gartenzwerg als Inbegriff des Kitsches, des spießigen akkuraten Vorgartens, allgemein einer gewissen Beengtheit. Oder er wird gleich mit dem ungeliebten Bild des tumben deutschen Michels verschmolzen.

Vielleicht muss man dem Gartenzwerg aber eine Chance geben, seiner kleinen Welt zu entfliehen. Dazu fällt mir der Zwerg in „Die fabelhafte Welt der Amélie“ ein, der mit einer Stewardess um die Welt reisen darf und von allen europäischen Großstädten Polaroidfotos an seinen Besitzer schickt und auf diese Weise sein Umfeld verändert. Oder mein Freund der Zwerg aus Schwabhausen, der lange Zeit an der Hauptstraße durch ein Loch in der Thujenhecke hinaus in die Ferne blickte. Seine Besitzer hatten ihm ein Fenster zur Welt geschnitten und ihn auf einen Sockel gestellt, weil er aufgrund seines Alters schon seine Füße eingebüßt hatte.

„Ja“,  würde ich heute auf die eingangs gemachte Feststellung antworten, „Vielleicht hat jeder Mensch einen eigenen Gartenzwerg – es kommt nur darauf an, was er daraus macht“. Und dann wären wir mitten in einer anregenden Diskussion, die sich weniger um Gartenschmuck als vielmehr um die menschliche Toleranz und den aufgeklärten Menschen drehen könnte – also um etwas, das gegenwärtig immer dringender gebraucht wird.

 

Die beiden Gartenzwerge, die selber bemalt werden können, habe ich für das FOTO in der Nachbarschaft ausgeliehen.