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Kloster (er) leben

Letzte Woche unternahm ich mit zwei Mitfahrern einen Ausflug zum Kloster Mallersdorf, um für das jährliche Gedenken „Gegen das Vergessen“ zu recherchieren. Dieses Jahr werden die Mallersdorfer Schwestern gewürdigt, die 128 Jahre lang Dienst im Dachauer Krankenhaus leisteten.

Angesichts der Nachwuchsprobleme, die Klöster heutzutage haben, wurde in unserer kleinen Besuchergruppe auf der Hinfahrt angeregt diskutiert. Warum gab es früher mehr Schwestern? Zum einen boten Klöster in den Zeiten sozialer Unsicherheit, Armut und  Perspektivlosigkeit kinderreicher Familien eine Möglichkeit Söhne und Töchter gut versorgt zu wissen. Wer als Frau einen Beruf als Lehrerin oder Krankenschwester ausüben wollte, wählte auch oft das Kloster als Rückhalt für die Berufsausübung. Und natürlich gab es auch die geistlichen Berufungen, denen die Ordensleute folgten.

Auch in meiner Familie gab es eine Schwester, die in einem Allgäuer Krankenhaus wirkte. Während der Kriegszeit bot sie meinem Vater und seinem größeren Bruder zusammen mit meiner Großmutter eine willkommene Anlaufstelle. Die an Diphtherie erkrankten Buben wurden dort medizinisch versorgt und bekamen ausreichend zu essen. Aus Dankbarkeit dafür blieb die Familie meines Vaters der Schwester vom Orden der Barmherzigen Schwestern v. hl. Vinzenz von Paul, Schwester Gemma, lebenslang verbunden. So wurde jedes Jahr ein Ausflug ins Schwesternheim nach Obergünzburg unternommen, zu dem meine Schwester und ich mehr oder weniger begeistert mitfuhren. Der Geruch aus gebohnertem Linoleum und altem Gebäude, die Stickereibildchen und Grünlilienpflanzen, die karg eingerichteten Zimmer – für uns Wirtschaftswunderkinder war das eine fremde Welt.

Jahrzehnte später nun das Kloster Mallersdorf in Niederbayern, nördlich von Landshut – ich war gespannt darauf zu sehen, wie heutzutage in einem Kloster gelebt wird. Die Anlage besteht aus einem, sich um zwei Höfe erstreckenden Kerngebäude mit Anbauten auf einer Anhöhe, einer barock ausgestatteten Kirche mit Doppelturmfassade, einem Wirtshaus und einer Brauerei. Weiterhin gehören dazu Wirtschaftsgebäude und ein dem Kloster gegenüberliegendes Krankenhaus, das Altenstift und das Pflegeheim St. Maria. Um das Kloster erstrecken sich ein meditativer Garten mit Kreuzweg, Alleen, ein Weinberg, Weiden und Felder. Ein weiter Blick geht über das Land bis zum Bayrischen Wald. Hier leben 350 Schwestern im Hauptgebäude, 150 Bewohner in den angegliederten Pflegeeinrichtungen.

Angesichts der verwaisten Klöster in Beuerberg, Schlehdorf, Reutberg und Altomünster eine beeindruckende Anzahl! Bei unserem Rundgang mit Sr. Ritana begegneten wir vielen Schwestern – die alle älter waren. Und so fragten wir, wie es mit dem Nachwuchs in Mallersdorf aussähe. Gerade mal eine Schwester hätte im letzten Jahr die Profess abgelegt, wurde uns berichtet. Auch in den Dependancen in Rumänien und Afrika sähe es nicht besser aus. Ins Kloster kämen nurmehr Besucher auf Zeit, um sich eine Auszeit aus dem hektischen Alltag zu gönnen, Wellness für Körper und Geist zu erleben und klösterliche Abgeschiedenheit zu genießen. Noch wirkt das Kloster vital. Doch auch hier wird sich in den kommenden Jahren möglicherweise noch einiges ändern.

 

 

Um die Zukunft von Klöstern und Kirchen geht es auch bei einer Tagung des Landesamtes für Denkmalpflege in Fürstenfeldbruck Anfang November. Ich bin gespannt, was dort an Gedanken und Ideen geäußert werden wird.

Foto: Ausblick vom Mallersdorfer Kloster auf St. Maria.

 

 

Tanzvergnügen

Am 21. Januar ist es wieder soweit: am Abend findet wieder eine Redoute im Renaissancesaal des Dachauer Schlosses statt. Häufig werde ich gefragt, was denn eine „Redoute“ sei? Im 1818 erschienenen Konversationslexikon ist dazu zu lesen: “ein mit Spielen und anderen Vergnügungen verbundener Maskenball“.

Die Redoute entwickelte sich aus dem Faschingsbrauchtum, höfischen Bällen (Bal paré) und auch Maskeraden zu der Festivität, die wir auch heute wieder feiern. Im Venedig des 18. Jahrhunderts bezeichnete ridotto „öffentliche Lokale, in denen während des Carnevals sonst verbotene Glücksspiele erlaubt waren“. Dorthin ging man maskiert, um unerkannt zu bleiben. In München bürgerte sich die französische Bezeichnung redoute wohl nach Max Emanuels Rückkehr aus dem französischen Exil 1715 ein.

Vor allem nach dem deutsch-französischen Krieg waren Redouten in München äußerst beliebt. Man feierte in den Sälen der großen Gasthöfe, Brauereien und im neu erbauten Deutschen Theater Kostümbälle mit Gesangs- und Theaterdarbietungen. Im Vordergrund stand jedoch das gemeinsame Tanzen.

Eröffnet wurde traditionell mit einer Polonaise, danach wurde vor allem Walzer getanzt. Den Höhepunkt jeder Veranstaltung stellte die Münchner Française dar. Dieser Kontratanz, bei dem in Reihen getanzt wurde, entwickelte sich aus der französischen „Quadrille“. In München wurde und wird er von zwei sich gegenüberstehenden Paaren getanzt.

Auch in Dachau wird die „Française“ einer der Höhepunkt des glanzvollen Balls sein. Die in bäuerlicher, bürgerlicher und höfischer Gewandung kostümierten Tänzer werden sich in Reihen aufstellen, um die fünf Touren miteinander zu tanzen. Dabei wird es wohl nicht so turbulent zugehen, wie es der Schriftsteller Josef Ruederer 1906 in seiner Erzählung „Der Fasching“ beschrieb:

„Aber schon rufts zum nächsten Tanz, zur Française. Und da stürzt es wieder aus allen Ecken mit jener Hast, die fürchtet zu spät zu kommen. Man hebt kreischende Weiber über die Brüstung der Logen, man pufft nach allen Seiten, man drängt und schiebt ohne Rücksicht, ohne Pardon. Mit Not und Mühe stellen Tanzordner die einzelnen Schlachtreihen auf. Tönen aber die ersten Klänge, dann löst sich´s in Vorder- und Zurücktreten, in Komplimente und Kußhände, in Balancieren und Drehen. Immer lauter tönt der Jubel, immer kecker fliegen die Röcke – da, bei der vorletzten Tour hebt sich im rasenden Ringelreih das wiehernde Lachen zum bacchantischen Gebrüll… Alle die hochgehobenen Weiber mit fuchtelnden Armen und strampelnden Beinen erscheinen in diesem Augenblick wie ein ungeheures Ganzes, ein Riesenpolyp, der mit den Männern erst Fangball spielte, ehe er sie gänzlich verschlingt. Das ist der Höhepunkt, die eigentliche Sensation des Karnevalfestes!“

Im Dachauer Schloss wird es natürlich gesitteter ablaufen! Dafür wird der Tanzmeister Erich Müller schon sorgen. Ob er die Männer allerdings dazu animieren kann, ihre Tanzpartnerinnen (wie bei Ruederer geschildert) beim sogenannten „Karussell“ in die Höhe zu heben – das werden wir ja sehen….

 

 

Bei den Informationen zur Redoute berufe ich mich auf die Forschungen von Volker D. Laturell: Volkskultur in München – Aufsätze zu Brauchtum, musikalische Volkskultur, Volkstanz, Trachten und Volkstheater in einer Millionenstadt. Buchendorfer, München 1997.

Das FOTO zeigt das diesjährige Motiv von Heinz Eder für die Redoute.