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Schwein gehabt

Mit dem 21. Dezember, dem sogenannten „Thomastag“ wurden und werden nicht nur allerlei Orakelbräuche verbunden. Früher traf man an diesem Tag vor allem die Vorbereitungen für das Festmahl an Weihnachten. So wurde Früchtebrot gebacken und ein Schwein geschlachtet. Der Schlachttag auf dem Land war ein Ereignis, an dem auch die Kinder teilnahmen. „Dem aber, der sich aus Ekel oder Furcht vor dem blutigen Geschäft in der warmen Stube verkroch, dem konnte es passieren, dass ihm auf einmal ein blutiger Haxn durch die Tür entgegengestreckt wurde. Das war dann halt der bluadige Thamerl, der mit seinem blutbesudelten Hammer … einen vorübergehenden Schrecken einjagte“ (Gerald Huber). Die Nacht zum 22. Dezember galt als die erste der sogenannten „Raunächte“, in der auch die Perchten ihr Unwesen trieben.

Am 24. Dezember war dann der Spuk vorbei. Man feierte den christlichen Festtag der Geburt Christi. Nach der adventlichen Fastenzeit ohne Fleischgenuss  gab es ein üppiges Mahl: dann kamen nach der Christmette die frischen Blut- und Leberwürste als „Mettenwürste“ auf den Tisch und am 25. Dezember gab es im ländlichen Raum für Bauern und Gesinde Schweinebraten. Bis 1900 kam an Weihnachten nur Schweinefleisch auf den Tisch – erst dann bürgerte sich das Essen einer Weihnachtsgans ein.

Heutzutage geht der Trend auch zum fleischlosen Festtagsmahl. Das Schwein ist eher aus Schokolade oder Marzipan und soll zu Neujahr Glück bringen. So kann die eine oder andere leibhaftige Sau im Stall aufatmen: Schwein gehabt…

 

Foto: eine der Lichtinstallationen der Lightning Karschalls beim Poetischen Herbst 2021 in Bergkirchen, Hoftheater.

Zu Weihnachten und den dazu gehörenden Bräuchen informiert ausführlich Gerald Huber: 1200 Jahre Weihnachten. Ursprünge eines Festes, München (Volk Verlag) 2019. Das obige Zitat findet sich dort auf S. 170. Weiterhin Münchner Bildungswerk (Hg): Klaubauf, Klöpfeln, Kletzenbrot: Der Münchner Adventskalender, München 20163.

B-B-B-B-B-B-Barbaratag!

Nichts wie r-r-r-r-raus in die K-K-K-Kälte! Wer etwas über einen künftigen Liebsten, Lebens- oder Lebensabschnittspartner erfahren möchte: heute ist die Gelegenheit dazu! Am 4. Dezember ist der Namenstag der Hl. Barbara, an dem man jene Zweige schneiden kann, die angeblich Auskunft über die Zukunft geben. Die Zweige von Forsythie oder Obstbäumen sollen – in warmes Wasser gesteckt – an Weihnachten blühen und auf offene Fragen Antworten geben.

So banden früher junge Mädchen häufig die Namen ihrer Angebeteten an die Barbarazweige. Welcher Zweig dann zuerst blühte, verriet ihnen den Namen des Künftigen. Von Markt Indersdorf ist bekannt, dass die Mädchen drei Zweige abschnitten, um etwas über den Charakter des Heiratskandidaten herauszufinden –  ob  er schön, liebevoll oder wohlhabend sei.

Es muss aber bei den Barbarazweigen nicht immer um Liebesangelegenheiten gehen. Denn eine andere Überlieferung besagt, dass man die Namen der Familienmitglieder daran hängte, um den Grad ihrer Gesundheit und ihres Glücks abzulesen. Nicht blühende oder verdorrte Zweige deutete man als böses Omen. Blühende Zweige wurden hingegen auch als Zeichen für neues Leben gedeutet, unter Christen als Zeichen für die Erlösung.

Aber Barbarazweige können auch einfach nur ein schöner winterlicher Strauß sein. Dann kann man auch darauf verzichten, vor Sonnenaufgang schweigend die Zweige zu schneiden – was mancherorts der Brauch war (sogar nur mit einem Hemd bekleidet!). Egal was sie mit den Barabarazweigen verbinden oder sich versprechen – erst einmal heißt es auch bei Tageslicht warm angezogen bei den aktuellen Minusgraden  r-r-r-r-raus in die K-K-K-Kälte – ob in den heimischen Garten oder ins nächste Blumengeschäft…

Das Fotomotiv fand ich beim letzten Sonntagsspaziergang rund um unser Dorf. Weitere Orakelbräuche habe ich im letzten Advent in „Tatsächlich Liebe“ beschrieben.

Bleibt gesund!

Aufmerksamen Spaziergängern ist sicherlich auch schon aufgefallen, dass seit einiger Zeit an verschiedenen Orten, Plätzen und Wegen bunte Steine mit lustigen Motiven und aufmunternden Botschaften abgelegt werden. In einem Ort an der S-Bahn-Linie nach Altomünster werden Spaziergänger aufgefordert, Steine für eine „Corona-Schlange“ zu bemalen, um sie dann wie beim Dominospiel an vorhandene bunte Kunstwerke anzulegen. Die Anleitung ist mit dem Wunsch verbunden, dass alle weiterhin Abstand halten und gesund bleiben mögen. Auch vor einem Kindergarten in Indersdorf sind kleine Botschaften an die Kindergartenkinder und ihre Eltern zu finden, die den Zusammenhalt untereinander betonen und an das Durchhaltevermögen aller appellieren. Der Münchner Merkur vom 7. Mai 2020 meldete, dass in Vierkirchen Steine als Zeichen der Aufmunterung rund um die Kirche platziert werden sollten und am Petersberg sind in der Basilika Steine vor dem Altar ausgelegt. Auf diese sind die Wünsche einzelner Besucher geschrieben: Glück, Frieden, Freiheit, Vertrauen und Gesundheit.

Steine, zu kleinen Pyramiden oder als Steinmännchen aufgeschichtet, kennt man aus dem Gebirge. Manchmal tragen sie auch eine farbige Markierung, um den Wanderern im Gelände Orientierung zu geben. Steine, die auf Grabsteine gelegt werden, sind auf jüdischen Friedhöfen Ausdruck des Gedenkens an die Verstorbenen. Steine, bunt zu bemalen und mit Botschaften zu versehen, scheint hingegen ein neuer Brauch zu sein, der sich aus anderen Quellen speist. Hier könnten private Bastelvorlieben und das 2018 initiierte „Kindness Rocks Project“ der Amerikanerin Megan Murphy Pate gestanden zu haben. Ich würde ihn in die neuen temporären „Corona-Bräuche“ einreihen, zu denen ich bereits in den vergangenen Wochen einiges geschrieben habe. Im Frühjahr und Frühsommer 2020 sind diese bunten Steine vor allem positive Zeichen, die den Vorübergehenden Gutes wünschen – am häufigsten: „Bleibt gesund!“.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

FOTOS: Die Steine auf dem Titel stammen vom Beet vor dem Kindergarten St. Vinzenz in Markt Indersdorf. Ebenso der Marienkäfer und die Traktoren. „Bleibt Gesund“ und die Eule habe ich in Kleinberghofen am Bahnweg gesehen.