Schlagwort: Zweige

Wie im Paradies –

mag sich der eine oder andere gefühlt haben, wenn es an Weihnachten allerlei Leckereien nach der adventlichen Fastenzeit gab: Fleisch, Knödel, Lebkuchen.

Als kleines Paradies wird auch ein adventliches Gesteck, das früher im Voralpenland und in Österreich verbreitet war, bezeichnet: das „Paradeisl“.  Ein Paradeisl ist eine Art von katholischer Variante des Adventskranzes mit Kerzen, die auf vier Äpfeln stecken, die wiederum mit Holzstäben oder Zweigen zu einer Pyramide verbunden werden. Angelehnt an die liturgischen Farben wählte man früher drei violette Kerzen und eine rosa am dritten Adventssonntag „Gaudete“ (Freut euch). Heute werden vor allem rote Kerzen verwendet.

Die roten Äpfel verweisen auf den Apfel, dessen Genuß in der Bibel auch mit der Vertreibung aus dem Paradies verbunden ist und gleichzeitig auch als  Symbol für die Fruchtbarkeit gilt. Kaum mehr bekannt ist, dass der 24. Dezember auch der Gedenktag von Adam und Eva ist. An diesem Tag wurden im Mittelalter sogenannte „Paradiesspiele“ aufgeführt. Dazu stellte man vor den Kirchen Bäume mit roten Äpfeln auf, die an den Paradiesbaum erinnern sollten. Ab dem 19. Jahrhundert finden wir dann Christbäume in München, zunächst bei Hofe und in adeligen Kreisen – die protestantischen Königinnen Karoline und Therese von Bayern sollen als erste Christbäume in München aufgestellt haben. Bis zum Einzug des Christbaums in bürgerlichen Haushalten waren vor allem „Paradeisl“ der weihnachtliche Schmuck in den Wohnstuben.

Ein Paradeisl ist schnell gebastelt und war früher wohl eher auch in ärmeren Haushalten zu finden. Sein Ursprung ist deshalb nicht überliefert und gesichert – ob im Bayrischen Wald, Österreich oder Südtirol. Vermutlich wurde es von Wanderarbeitern als adventlicher Tischschmuck in Oberbayern eingeführt.

Heute scheint es wieder ein verstärktes Interesse an diesem adventlichen Gesteck zu geben, wie die Bastelanleitungen im Internet zeigen. Dieses wird dann, wenn es fertig ist meist auf einen Teller gestellt, der mit grünen Zweigen, Nüssen und weihnachtlichem Gebäck geschmückt ist und so durchaus einen paradiesischen Genuss verspricht.

 

FOTO: Ein moderne Version eines Paradeisls hat die Dachauer Keramikerin Claudia Flach modelliert. Gesehen und fotografiert wurde es auf dem Kunsthanderwerkermarkt in Dachau „handsome“ am 19. November 2022.

Wer selbst ein Paradeisl basteln mag, findet dazu Anleitungen im weltweiten Netz oder liest es auf S. 83 in: Angelika Dreyer und Martina Sepp: Klabauf, Klöpfeln, Kletzenbrot. Der Münchner Adventskalender, München (Volk Verlag) 20163 nach. In Dachau findet jeden Dezember der sogenannte „Paradeislabend“ der Ludwig-Thoma-Gemeinde statt. Bei dieser adventlichen Feierstunde mit Lesungen und Musik beleuchten selbstgebastelte Paradeisl den Veranstaltungsraum im Thoma-Haus.

 

B-B-B-B-B-B-Barbaratag!

Nichts wie r-r-r-r-raus in die K-K-K-Kälte! Wer etwas über einen künftigen Liebsten, Lebens- oder Lebensabschnittspartner erfahren möchte: heute ist die Gelegenheit dazu! Am 4. Dezember ist der Namenstag der Hl. Barbara, an dem man jene Zweige schneiden kann, die angeblich Auskunft über die Zukunft geben. Die Zweige von Forsythie oder Obstbäumen sollen – in warmes Wasser gesteckt – an Weihnachten blühen und auf offene Fragen Antworten geben.

So banden früher junge Mädchen häufig die Namen ihrer Angebeteten an die Barbarazweige. Welcher Zweig dann zuerst blühte, verriet ihnen den Namen des Künftigen. Von Markt Indersdorf ist bekannt, dass die Mädchen drei Zweige abschnitten, um etwas über den Charakter des Heiratskandidaten herauszufinden –  ob  er schön, liebevoll oder wohlhabend sei.

Es muss aber bei den Barbarazweigen nicht immer um Liebesangelegenheiten gehen. Denn eine andere Überlieferung besagt, dass man die Namen der Familienmitglieder daran hängte, um den Grad ihrer Gesundheit und ihres Glücks abzulesen. Nicht blühende oder verdorrte Zweige deutete man als böses Omen. Blühende Zweige wurden hingegen auch als Zeichen für neues Leben gedeutet, unter Christen als Zeichen für die Erlösung.

Aber Barbarazweige können auch einfach nur ein schöner winterlicher Strauß sein. Dann kann man auch darauf verzichten, vor Sonnenaufgang schweigend die Zweige zu schneiden – was mancherorts der Brauch war (sogar nur mit einem Hemd bekleidet!). Egal was sie mit den Barabarazweigen verbinden oder sich versprechen – erst einmal heißt es auch bei Tageslicht warm angezogen bei den aktuellen Minusgraden  r-r-r-r-raus in die K-K-K-Kälte – ob in den heimischen Garten oder ins nächste Blumengeschäft…

Das Fotomotiv fand ich beim letzten Sonntagsspaziergang rund um unser Dorf. Weitere Orakelbräuche habe ich im letzten Advent in „Tatsächlich Liebe“ beschrieben.