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Früher war mehr Lametta

Mit dem heute schon fast sprichwörtlich gewordenen „früher war mehr Lametta“ verknüpft sich die Erinnerung an Loriots unvergessliche „Weihnachten bei den Hoppenstedts“. In diesem Film des deutschen Humoristen von 1976 wurde von Opa Hoppenstedt die angeblich zu sparsame Dekoration mit diesen Silberfäden am Christbaum beklagt. 2015 stellte auch die letzte Firma deren Produktion ein, nachdem die Nachfrage massiv gesunken war. Der einst bleihaltige Glitzerschmuck war und ist ja auch aus ökologischer Sicht nicht mehr zeitgemäß.

Und wer hat diesen Christbaumschmuck erfunden? Da mehren sich die Hinweise, dass die Ursprünge in Franken liegen. Eine Frau, Sybilla Maria aus Freystadt heiratete im 17. Jh. in den „Drahtzieherbetrieb Heckel“ in Allersberg ein und brachte mit ihrem Wissen frischen Wind in die Produktion. Nach dem Tod ihres ersten Mannes heiratete sie Johann Jakob Gilardi. Zusammen waren sie sehr erfolgreich: sie verarbeiteten „leonischen Draht“ (das sind vergoldete oder versilberte Metalldrähte) zur Herstellung von Borten, Fransen, Schnüren, Stoffen und Gewändern. Als dann im 19. Jahrhundert der Christbaumschmuck im Bürgertum immer beliebter wurde, konnten die Nachfahren der Gilardis auf ihrem Handwerk aufbauen und produzierten Lametta, das sie 1882 auf der ersten Bayerischen Landes-Gewerbe-Industrie- und Kunstausstellung in Nürnberg präsentierten. Übrigens reklamiert u.a. auch die Fa. Riffelmacher & Weinberger aus dem fränkischen Roth für sich, einer der ersten Produzenten von Lametta zu sein.

Über 140 Jahre nachdem das Lametta erstmals vorgestellt wurde, ist es bereits Geschichte – Christbäume glitzern heute eher durch elektrische (blinkende) Lichterketten, bunte Glaskugeln oder goldene Kunststoffgirlanden. Bei diesem Glanz würde sich vielleicht auch Opa Hoppenstedt nicht über das fehlende Lametta beschweren…

 

FOTO: „Lametta“ fürs Haar fand ich dieses Jahr in einem Modegeschäft in Dachau Ost. Es wurden auch Ohrringe mit Christbaumkugeln, Elchgeweihe als Haarreif etc. angeboten –  alles um sich passend zum schillernden Christbaum selbst zu  dekorieren. Aber natürlich gibt es auch weiterhin Anhänger natürlicher Schmuckelemente wie Kugeln, Strohsterne, Schokokringel oder Gebäck mit Bienenwachskerzen als Beleuchtung. Lametta vermissen sie sicherlich nicht.

Mit diesem Beitrag wünsche ich allen Bloglesern, Heimatpflegeinteressierten und -unterstützern ein frohes Weihnachtsfest und danke für die gute Zusammenarbeit im vergangenen Jahr!  

 

Wie im Paradies –

mag sich der eine oder andere gefühlt haben, wenn es an Weihnachten allerlei Leckereien nach der adventlichen Fastenzeit gab: Fleisch, Knödel, Lebkuchen.

Als kleines Paradies wird auch ein adventliches Gesteck, das früher im Voralpenland und in Österreich verbreitet war, bezeichnet: das „Paradeisl“.  Ein Paradeisl ist eine Art von katholischer Variante des Adventskranzes mit Kerzen, die auf vier Äpfeln stecken, die wiederum mit Holzstäben oder Zweigen zu einer Pyramide verbunden werden. Angelehnt an die liturgischen Farben wählte man früher drei violette Kerzen und eine rosa am dritten Adventssonntag „Gaudete“ (Freut euch). Heute werden vor allem rote Kerzen verwendet.

Die roten Äpfel verweisen auf den Apfel, dessen Genuß in der Bibel auch mit der Vertreibung aus dem Paradies verbunden ist und gleichzeitig auch als  Symbol für die Fruchtbarkeit gilt. Kaum mehr bekannt ist, dass der 24. Dezember auch der Gedenktag von Adam und Eva ist. An diesem Tag wurden im Mittelalter sogenannte „Paradiesspiele“ aufgeführt. Dazu stellte man vor den Kirchen Bäume mit roten Äpfeln auf, die an den Paradiesbaum erinnern sollten. Ab dem 19. Jahrhundert finden wir dann Christbäume in München, zunächst bei Hofe und in adeligen Kreisen – die protestantischen Königinnen Karoline und Therese von Bayern sollen als erste Christbäume in München aufgestellt haben. Bis zum Einzug des Christbaums in bürgerlichen Haushalten waren vor allem „Paradeisl“ der weihnachtliche Schmuck in den Wohnstuben.

Ein Paradeisl ist schnell gebastelt und war früher wohl eher auch in ärmeren Haushalten zu finden. Sein Ursprung ist deshalb nicht überliefert und gesichert – ob im Bayrischen Wald, Österreich oder Südtirol. Vermutlich wurde es von Wanderarbeitern als adventlicher Tischschmuck in Oberbayern eingeführt.

Heute scheint es wieder ein verstärktes Interesse an diesem adventlichen Gesteck zu geben, wie die Bastelanleitungen im Internet zeigen. Dieses wird dann, wenn es fertig ist meist auf einen Teller gestellt, der mit grünen Zweigen, Nüssen und weihnachtlichem Gebäck geschmückt ist und so durchaus einen paradiesischen Genuss verspricht.

 

FOTO: Ein moderne Version eines Paradeisls hat die Dachauer Keramikerin Claudia Flach modelliert. Gesehen und fotografiert wurde es auf dem Kunsthanderwerkermarkt in Dachau „handsome“ am 19. November 2022.

Wer selbst ein Paradeisl basteln mag, findet dazu Anleitungen im weltweiten Netz oder liest es auf S. 83 in: Angelika Dreyer und Martina Sepp: Klabauf, Klöpfeln, Kletzenbrot. Der Münchner Adventskalender, München (Volk Verlag) 20163 nach. In Dachau findet jeden Dezember der sogenannte „Paradeislabend“ der Ludwig-Thoma-Gemeinde statt. Bei dieser adventlichen Feierstunde mit Lesungen und Musik beleuchten selbstgebastelte Paradeisl den Veranstaltungsraum im Thoma-Haus.

 

Zeit für Brezen

Fastenzeit – Brezenzeit! Nach den vielen üppig gefüllten Faschingskrapfen, die in reichlich siedendes Öl getaucht waren, teilweise noch mit Puderzucker bestäubt oder mit anderen „kalorienarmen“ Glasuren überzogen, steht sicherlich nicht nur mir der Sinn nun nach etwas Salzigem, Trockenem, Leichtem.

Da kommt die Breze oder schwäbisch „Brezel“ wie gerufen. Die Schwaben mögen sie gerne teigig, weich in der Mitte, nicht zu dunkel mit wenig Salz. Die Bayern hingegen lieben sie eher „rösch“, gerne mit reichlich Salz und knusprig gebacken. Aber nicht nur beim Geschmack unterscheiden sich hier die beiden süddeutschen Brezenfraktionen – auch die Entstehung des Gebäcks wird auf unterschiedliche Legenden zurückgeführt.

In Schwaben heißt es, gab Graf Eberhard von Urach seinem Hofbäcker, der ihn bestohlen hatte, die Chance dieses Vergehen wieder gut zu machen: er sollte innerhalb von drei Tagen ein Gebäck erfinden, bei dem die Sonne dreimal durchscheint. Es wird erzählt, dass der verzweifelte Bäcker die Inspiration zu diesem Gebäck dadurch erhielt,  dass er seine Frau, die mit verschränkten Armen im Türrahmen lehnte, als Vorbild für die Form der Brezel nahm. Der Name des Gebäcks wird ja auch vom lateinischen „brachium“ (=Arm) abgeleitet.

Die bayerische Variante sagt hingegen, dass Wilhelm Eugen von Ursingen bei einem Frühstück am 11. Februar 1839 im königlichen Kaffeehaus Eilles in München ein Gebäck erhalten habe, das der Bäcker Anton Nepomuk Pfannenbrenner statt in Zuckerwasser versehentlich in Natronlauge getaucht habe. Die Erfindung der Breze habe folglich in Bayern stattgefunden. Allerdings gilt hier anzumerken, dass Wilhelm Eugen von Ursingen der königlich-württembergische Gesandte war. Aber die Quelle für diese Informationen stammt wiederum auch aus Schwaben…

Neutrale(re) Quellen verorten ihre Entstehung oftmals im klösterlichen Umfeld. Eine Breze war nämlich die ideale Fastennahrung, da sie weder Milch, Butter noch Ei enthielt, was zu bestimmten Zeiten das Gebot war.

Aber letztendlich ist es ja auch (für mich) nicht so wichtig wo die Brezen ihren wirklichen Ursprung haben – nicht nur in der Fastenzeit sind sie ein Genuss. Auch gerne mit Butter oder Weisswürsten…

 

FOTO: Das Foto entstand 2018 beim Landfrauentag im Dachauer Landkreis.