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Wolkenkratzer im Dachauer Hinterland?

Diese mehrstöckigen Vogelbehausungen befinden sich in einem kleinen Dorf im Dachauer Hinterland. Nachdem Wohnraumverdichtung bereits 2013  eines der wichtigsten Themen des Bürgerprojektes „Zwischen Dorf und Metropole“ gewesen war, scheint man hier schon mal mit gutem Beispiel voranzugehen.

Aufgrund des enormen Bevölkerungswachstums im Landkreis Dachau galt es bereits vor 6 Jahren, Strategien für die maßvolle Entwicklung der Region im Spannungsfeld von Großstadtnähe und dörflicher Struktur zu ersinnen. Die politisch Verantwortlichen hielten in einer abschließenden Resolution fest, dass durch weniger Zersiedelung der Flächenverbrauch möglichst gering gehalten werden solle. Die Entwicklung und Nutzung von Gebäuden und Flächen im Innenbereich der Orte solle hingegen Vorrang haben. Die Verpflichtung bezahlbaren Wohnraum und neue Wohnformen zu schaffen stand ebenfalls auf der Agenda.

Mit neuen und bezahlbaren Formen kann natürlich auch, wie bei den Vögeln, das Bauen in die Höhe gemeint sein. Für viele Dorfbewohner, die an einstöckige Einfamilienhäuser und höchstens zweistöckige Mehrfamilienhäuser auf dem Land gewöhnt sind, ist dies eine wohl unabwendbare Veränderung. Abwendbar wären hingegen die monotonen Neubauten, die eine grau-schwarze Tristesse ausstrahlen: anthrazitfarbene Dächer, schwarze Fenster, dunkle Türen, viel Pflaster und öde Gabionen-Mauern. Da wünschte ich mir oft, dass sich die Planer an eine weitere Vorgabe der „Zwischen Dorf und Metropole“ gefundenen Leitlinien gehalten hätten: „Eine Nachverdichtung soll maßvoll und städtebaulich ansprechend erfolgen“ – also Tiefgarage ja, einfallslose Bauweise nein.

Für gut gestaltete lebendige Quartiere bricht auch der Schweizer Architekten Andreas Hofer in einem Interview in der Süddeutschen Zeitung eine Lanze. Er erinnert u.a. daran, dass es in Deutschland ja schon bereits in den 20er Jahren mit der Weissenhofsiedlung ein gutes Beispiel für urbanes Wohnen gab. Warum nicht auch heute? Es muss ja nicht gleich eine Bauhaussiedlung sein….

Wer sich als Bauherr für gut gestaltete Neubauten interessiert, der wird im Einzelfall auch in unserem Landkreis fündig. Bei einer Exkursion des Landesvereins für Heimatpflege im Herbst 2019 werden besonders gelungene Beispiele vorgestellt.  Dass die Vogelhaus-Wolkenkratzer auf dem Programm stehen werden, bezweifle ich aber eher…

 

FOTO: Raimund Richter

Das Interview von Laura Weissmüller mit Andreas Hofer, der die Internationale Bauausstellung 2027 in Stuttgart leitet, erschien am 29. Januar 2019 in der Süddeutschen Zeitung. Zur Entwicklung des Landkreises Dachau und der Realisierung des Projektes „Zwischen Dorf und Metropole“ s.a. einen weiteren Artikel vom 19. Februar 2019 im Lokalteil der SZ von Thomas Radlmaier.

Chewing gum

Eigentlich war es eher ein Zufallsfund: ein Kaugummiautomat in einem Ort im Dachauer Hinterland. Dabei waren wir unterwegs, um alte Bauwerke auf mögliche Denkmalseigenschaften zu überprüfen. „Na, was hältst du denn davon?“, fragte mich mein Kollege und zeigte auf die beiden Automaten. „Ein klarer Fall von Denkmalschutz!“, konterte ich lachend.

Das war der Auftakt für einen Austausch von Erinnerungen aus unserer Kindheit. Die Kaugummiautomaten mit Klarsichtfenster lockten früher gleichermaßen Fans von Süßigkeiten und Schatzsucher an. Man brauchte ein Zehnpfennig(!)stück, legte es in den dafür vorgesehenen Geldschacht, drehte den Knopf und hörte die Kaugummikugel in den mit einer Klappe verschlossenen Sammelbehälter fallen. Welche Farbe würde es wohl sein? Und vielleicht war ja auch eine Zugabe dabei! Was gab es da nicht für begehrenswerte Dinge wie silberne Ringe mit Totenkopfschädel, Schlüsselanhänger oder anderen Krimskrams. Für uns Kinder war das früher eine willkommene Abwechslung auf dem Schulweg  und selbstverständlich auch ein Anreiz das knapp bemessene Taschengeld auszugeben. Der Kaugummi war dabei eher Nebensache, vielleicht vergleichbar mit den später in Mode gekommenen Schokoladen-Überraschungseiern mit Spielzeug und Bastelsätzen.

An den mit Zuckerguß überzogenen leicht säuerlichen Geschmack meiner Kindheits-Kaugummis kann ich mich heute noch erinnern. Er war nicht zu vergleichen mit den in Streifen angebotenen amerikanischen Kauprodukten, die, wie ich recherchiert habe, bereits seit 1893 als „Spearmint“- chewing gum auf dem amerikanischen Markt waren. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass In Deutschland der „chewing gum“ nach dem 2. Weltkrieg seinen Durchbruch und Aufschwung durch die Amerikaner erlebte. Automaten mit Kaugummis wurden in der Folge vor allem in den 50er und 60er Jahren in West-Deutschland aufgestellt. Sie mit Kugeln zu befüllen war eine praktische Idee, die Zugabe von Spielzeug ein kluger Marketing-Schachzug.

So gesehen ist der von uns entdeckte Kaugummiautomat auch ein Stück Kulturgeschichte der Nachkriegszeit. Aber könnte er als Denkmal eingeordnet werden? Das Denkmalschutzgesetz definiert Denkmäler schließlich als „von Menschen geschaffene Sachen oder Teile (…) aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt.“

Sollte dies nicht ausreichen, um ihn als ersten Kaugummiautomat in die bayerische Denkmalliste aufzunehmen, dann habe ich ihm zumindest auf meinem Blog ein Denkmal gesetzt.

 

Wenn sie erraten haben, wo sich die beiden fotografierten Automaten befinden, schreiben sie mir doch. Der Finder erhält auf jeden Fall ein Päckchen Kaugummi, ohne Totenkopfring!  

Das FOTO entstand im westlichen Landkreis. Es gibt aber noch weitere Kaugummiautomaten im Landkreis Dachau, die allerdings neueren Datums sind.