Schlagwort: Hoffnung

Die Himmelfahrt der Heiligen von Schönbrunn

„Ja ist denn jetzt schon Himmelfahrt?“ – entfuhr es mir letzte Woche als ich in der Schönbrunner Hofmarkkirche war. Dort wurden die Skulpturen des Hl. Leonhard und Hl. Sebastian in eine Art Aufzug gestellt, fest verankert und mit einer Motorseilwinde in die zweite Etage einer hölzernen Kiste gezogen. Ein bisschen erinnerte mich dies an die Schilderung der Himmelfahrt Christi in der Bibel: „Eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken“.

Die Heiligen sind ein Teil der Ausstattung der Kirche, die nach mehr als zehn Jahren Einlagerung aus einer Restaurierungswerkstätte am Chiemsee an ihren Heimatort zurückgebracht wurden. Dort warten sie jetzt zusammen mit anderen Skulpturen, Rahmen und Gemälden in einer riesigen verschlossenen Kiste auf die Wiederherstellung des Kirchenraumes, in dem sie eines fernen Tages wieder ihren angestammten Platz finden sollen.

So richtig zum Scherzen war mir bei diesem Besuch aber eigentlich nicht. Eher war es eine Art von Galgenhumor, mit der ich meine Enttäuschung darüber kaschierte, dass hochwertige barocke Kunst in eine staubige Baustelle verbracht wurde. Die in das Gerüst eingefügte Holzkonstruktion, Laderampen, Werkzeug, das alte Zifferblatt der Turmuhr, Fotos der lebensgroßen Passionsfiguren – alles zusammen ein trostloses Bild der Verwahrlosung. Kein schöner Empfang für eine erstklassige Kunst, an der der Zahn der Zeit genagt hat und die in ihrer Versehrtheit traurig macht.

Das außen wiederhergestellte Gebäude lässt die Qualität der ehemaligen Kirche des Hofmarkherren Franz Xaver von Unertl, 1723/24 erbaut, erahnen – im Innern fühlt man sich hingegen eher auf einem Abstellplatz, in einer Art von Rumpelkammer, einem Dachspeicher voll vergessener Schätze.

2014 war ich noch optimistisch und mit Enthusiasmus bei der Gründung des Fördervereins für den Erhalt dieser Kirche dabei: wir wollten mit unserem Vorsitzenden Gerhard Schmidbauer die Restaurierung der Kirche voranbringen, organisierten dazu Konzerte, knüpften Kontakte, bauten eine Webpräsenz auf, warben für Mitglieder und Unterstützer. Dann kam im Januar 2020 die klare Ansage des Ordinariates, dass die Kirche laut interner Priorisierung nicht genügend Punkte habe, um finanziell unterstützt zu werden. Das Ziel der äußeren Sicherung unter dem Stichwort „die Kirche ist unter Dach und Fach“ – lapidar gesagt es regnet nicht mehr hinein und die Kirche ist nicht einsturzgefährdet – sei erreicht. Die Gelder für die weitere Sanierung – geschätzte 5 Millionen € – müsse die Kirchenstiftung selbst aufbringen.

Mit der Rückkehr der nicht restaurierten Ausstattung in die Kirche ist nun ein neuer Tiefpunkt in der Geschichte dieser Kirche erreicht. Am 17. Mai trifft sich der Förderverein zur weiteren Beratung. Ans Aufgeben denken wir trotz allem nicht! Wir freuen uns über Unterstützung und auch neue Mitglieder sind herzlich willkommen. Und zu guter letzt: das Fest der Himmelfahrt ist ja nicht nur das „Verschwinden in den Wolken“,  sondern vermittelt die hoffnungsvolle Botschaft der Wiederkehr.

 

Das Foto entstand am 26. April in Schönbrunn. Einige weitere Eindrücke habe ich hier gesammelt:

Wenn sie den Förderverein unterstützen möchten, schauen sie doch einmal auf die Webseite mit Informationen und Kontaktdaten.  

 

Ein Zeichen der Hoffnung

„Das schaut ja so unordentlich aus! Was werden die Leute über meine Werkstatt denken!“, rief Amnon Weinstein aus, als ich ihm den Entwurf für unser Konzertplakat zuschickte. „Nein, nein – so sehen wir das nicht“, antwortete ich, „wir wollen doch zeigen, dass hinter dem Konzert eine besondere Geschichte steckt, dass es viel Mühe und handwerkliche Arbeit braucht, um die sehr mitgenommenen Instrumente wieder spielbar zu machen.“

Die Geigen, um die es hier geht, stammen aus der Sammlung Amnon und Avshalom Weinstein in Tel Aviv, die von Amnons Vater Moshe Weinstein begründet wurde. Seine Instrumentenbauer-Werkstatt war die Anlaufstelle für viele Immigranten in Palästina nach dem 2. Weltkrieg. Hier gaben sie ihre häufig von deutschen Geigenbauern gefertigten Instrumente in Weinsteins Obhut. Sie schliefen dort mit vielen weiteren in den Jahren dazu gekommenen Geigen einen wahren „Dornröschenschlaf“, bis Amnon Weinstein eines Tages die Geige eines Auschwitz-Überlebenden zur Restaurierung gebracht wurde, in dessen Korpus er grauen Staub – Asche – fand. Von da an begann er die Geschichte der gesammelten Instrumente zu  erforschen.

Aber die Geigen spielen? Dazu trug maßgeblich der Dresdner Bogenmacher Daniel Schmidt bei, der diese Idee bei einer gemeinsam besuchten Tagung vor etwa 20 Jahren aufbrachte. Seitdem werden die Geigen weltweit in Konzerten gespielt und erzählen von der Geschichte ihrer Besitzer, aber auch von der Rolle der Musik in den Konzentrationslagern.

Vom ersten Moment an, als ich von diesem Projekt hörte, war ich sehr berührt und wünschte mir, dass die Geigen auch in Dachau zu hören wären. Nach zweijähriger Vorbereitungszeit ist es jetzt soweit: acht Geigen werden mit der Familie Weinstein auf die Reise nach Dachau gehen und hier im Renaissancesaal des Schlosses erklingen. Denn damit, so sehen es Vater und Sohn Weinstein, wird ein Zeichen der Hoffnung gesetzt. Die Geigen stammen von Überlebenden des Holocaust und mit ihnen wird heute Musik gespielt. „Wo Musik ist, ist Hoffnung“, sagt Amnon Weinstein, der viele Familienmitglieder durch den Holocaust verlor.

Er hat sich inzwischen übrigens mit dem Plakatmotiv angefreundet – ein Plakat hängt jetzt inmitten der noch zu restaurierenden Instrumente in seiner Werkstatt.

 

Weitere Informationen zum Konzert Violinen der Hoffnung am 18. Februar 2018 gibt es unter: www.landratsamt-dachau.de/violinenderhoffnung. Mehr über die Geschichte der einzelnen Geigen erfahren sie im zum Konzert erscheinenden Begleitheft und immer wieder auf facebook. Karten gibt es bei muenchenticket   

Die Geigen der Sammlung Weinstein werden vor dem Konzert in einer kleinen Ausstellung gezeigt.

Das FOTO entstand während eines Besuchs in Tel Aviv im Juli 2017 und zeigt die Werkstatt Amnon Weinsteins.