Schlagwort: Landkreis Dachau

Rücke vor bis zur Schlossallee!

So lautet eine der Botschaften auf einer Ereigniskarte bei „Monopoly“, der man immer gerne nachkommt. Nach dem Passieren dieser Straße wartet nämlich als Belohnung eine Auszahlung für die nächste Runde, die beim weiteren Kauf von Straßen und Immobilien äußerst nützlich sein kann.

Das 1904 erfundene Spiel wurde in Deutschland ab 1935 aufgelegt und erfreut sich bis heute größter Beliebtheit. Es gibt aber immer wieder auch Kritik, weil man Monopoly  (hergeleitet von Monopol) auch als Paradebeispiel für den Raubtierkapitalismus sehen kann, mit dem moralisch fragwürdigen Ziel, den Gegner in den Ruin zu treiben.

Als Heimatpflegerin finde ich das Spiel interessant, weil es auch ein Beispiel für die gängige  Wahl von Straßennamen darstellt. In der bis heute bekannten Version von 1953 gibt es die Benennung nach markanten Gebäuden, der Topografie, Städten oder klassischen Dichtern wie Goethe und Schiller – so wie es auch in Städten seit dem 19. Jahrhundert der Fall war.

Auf dem Land wurden Straßenbenennungen vermehrt erst nach dem 2. Weltkrieg eingeführt, als die Dörfer stetig wuchsen und die bisherige Hausnummerierung nicht mehr ausreichte. Neubausiedlungen erhielten dann oftmals thematisch zusammengehörende Bezeichnungen nach Blumen, Bäumen, Künstlern oder lokalen Persönlichkeiten.

In Haimhausen hat jetzt die dortige Heimatforschergruppe ein Buch mit Straßennamen zusammengestellt. Anläßlich des 1250-jährigen Gründungsjubiläums des Ortes machte sich das Autorenteam daran, die Geschichte hinter den Straßenbezeichnungen zu erforschen. Dabei entstand ein äußerst vergnügliches, gut lesbares Heimatbuch, bei dem man viel über die örtlichen Gegebenheiten und Personen erfährt. Besonders im Gedächtnis blieb mir die „Gräfin-Monts-Straße“: Gräfin Monts war zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine der ersten Automobilbesitzerinnen im Landkreis Dachau. Und in der „Sonnenstraße“ wohnte der Maler Max Bergmann, der hier 1912 Besuch vom berühmten Künstler Marcel Duchamp erhielt, der als Erfinder des „Ready-mades“ gilt und seinem Freund auch ein solches schenkte.

Und dann ist da noch die „Alleestraße“ – wenn sie auf dieser Straße in den Ort fahren, kommen sie direkt zum Haimhauser Schloß. Geld erhalten sie dafür allerdings nicht. Dafür werden sie mit dem Blick auf ein barockes Juwel belohnt, das François Cuvilliés im 18. Jahrhundert entwarf.

Das Haimhauser Schloß ist heute eine internationale Schule und bei öffentlichen Veranstaltungen zugänglich. Das Straßenbuch ist über das Heimatmuseum Haimhausen erhältlich. Dass die Benennung von Straßen auch reichlich Konfliktstoff bieten kann, zeigt die Veröffentlichung des Deutschen Städtetages, der dazu eine Handreichung herausgegeben hat. Damit bezieht er auch Position zu Diskussionen um Benennungen von Straßen nach Persönlichkeiten, die heute kritisch hinterfragt werden.

FOTO: Birgitta Unger-Richter

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Was riecht bayerisch? – Frag den Heimatpfleger!

Diese Anregung machte der Landesverein für Heimatpflege, als die Frage nach dem Schutz eines „Sinneserbes“ im Landtag diskutiert wurde. Dabei ging es vor allem um ländliche Gerüche und Geräusche.

Hin und wieder hört man einen Ausruf, wie: „Hier riecht es aber nach Land!“ Damit ist meistens der durchdringende Geruch von frisch ausgebrachter Gülle auf den Feldern gemeint. Und der findet sich flächendeckend – nicht nur im Landkreis Dachau rund um den Ort mit dem sprechenden Namen „Odel-zhausen“. „Odelzhausen“ wurde aber nicht nach dem Geruch, sondern nach einem Otolt, der hier siedelte (Häuser des Otolt) benannt.

Einen durchdringenden Geruch nehmen Spaziergänger und Radler auch im Mai wahr, wenn sie entlang gelbleuchtender Rapsfelder unterwegs sind. Am Waldrand und in vielen Gärten verströmen der blühende Flieder und der Holunder hingegen einen wunderbaren Duft.

Beim Bulldogtreffen in Indersdorf riecht die Luft nach Diesel, wenn die alten landwirtschaftlichen Gerätschaften in Schwung gebracht werden. Die eine oder andere Oldtimerrallye durch den Landkreis hinterlässt Schwaden von nicht katalysiertem Benzindampf.

Der Sommer scheint mir hingegen vom Holzkohlegeruch der Grillfans geprägt zu sein, der oftmals an den Wochenenden in der Luft hängt. Der Herbst riecht oftmals nach feuchtem Laub, bevor der Winter einen schnell ins Innere flüchten lässt – aber die zahlreichen Weihnachtsmärkte locken mit Glühpunsch-, Lebkuchen- und Bratwürstlduft. Ländliche Gerüche sind vielseitig….

Ob das aber alles als „Sinneserbe“ geschützt und gar als „bayerisch“ definiert werden sollte – da gehen die Meinungen sicherlich weit auseinander. Bewahren sollten wir uns allerdings unsere Rücksichtnahme und Toleranz (von allen Seiten) ; damit würden sich viele Konflikte und auch neue Gesetze erübrigen – meint die Heimatpflegerin aus dem Landkreis Dachau, wenn sie gefragt wird.

 

Und zum Thema „Geräusche“ gibt es sicher noch einen eigenen Beitrag… 

FOTO: Ein auf eine Kachel gemalter blauer Hund auf weißem Grund schnuppert in einem großen umgestürzten Topf. Entdeckt wurde er allerdings nicht in Bayern, sondern in Ham House, Großbritannien.

 

Ein Kamel, ein erwartungsvoller Hochzeiter und ein prämiertes Wirtshaus

Das sind drei meiner Highlights aus dem druckfrischen neuen Heimatbuch der Gemeinde Erdweg. Zu ihrem 50. „Geburtstag“ schenkt sich die Großgemeinde eine Chronik: 1972 entstand im Rahmen der Gebietsreform aus mehreren selbstständigen Altgemeinden eine Verwaltungsgemeinschaft mit Hauptsitz in Erdweg. Darüber wird in diesem Buch auch berichtet – neben vielem anderen.

40 Autoren und 57 Vereine haben dazu beigetragen: ehrenamtliche Heimatforscher, Ortskundige, Neubürger, regionale und überregionale Wissenschaftler, Vereinsvorstände, Vereinsmitglieder, Hobbyfotografen, Sammler und Heimatinteressierte. So bunt wie das Autorenteam, so sind auch die Beiträge, die ein breites Spektrum an Wissen mit vielen Bildern anschaulich vermitteln. Klassische Heimatforschung, Archivrecherchen und mündliche Überlieferungen sind hier bestens vereint.

Und um was geht es bei dem Kamel, dem erwartungsvollen Hochzeiter und dem prämierten Wirtshaus?

Das Wirtshaus am Erdweg ist das älteste Gasthaus im Landkreis Dachau, das an einer ehemaligen Römerstraße liegt und schon immer eine Versorgungsstation am Flussübergang der Glonn war. Es ist das Erkennungszeichen der Gemeinde Erdweg in deren Ortsmittelpunkt – ein markantes Baudenkmal und gleichzeitig Zeichen des bürgerschaftlichen Engagements, das glücklicherweise zu seinem Erhalt geführt hat. 2016 erhielten die IG Wirtshaus und die Gemeinde Erdweg deshalb die Bayrische Denkmalschutzmedaille.

Der erwartungsvolle Hochzeiter ist eine Geschichte aus dem Ortsteil Welshofen um 1900, als ein Bräutigam vor lauter Vorfreude auf seine Künftige auf den Kirchturm stieg, um ihre Ankunft im Dorf frühzeitig zu sehen.

Und das Kamel? Ja, das ist eine Erinnerung des Dachauer Malers und Schriftstellers Carl Olof Petersen, der mit seiner Jagdgesellschaft eines Tages auf ein Kamel im Wald nahe dem Petersberg stieß. Wie es dazu kam? Das möchte ich an dieser Stelle noch nicht verraten.

Wer diese und andere Geschichten nachlesen möchte: bis zum 2. Juli bietet die Gemeinde das Buch zum Vorzugspreis von 50.- € im Rathaus in Erdweg an. Über die Gebietsreform informiert auch die aktuelle Sonderausstellung im Bezirksmuseum in Dachau „LebensRaumOrdnung“.

FOTO: Detail bearbeitet aus C.O.Petersen: Mein Lebenslexikon, München 1934.  

Warten können

Zu den liebsten Hörspielen für die ganze Familie zählte bei uns eine Geschichte mit dem Pumuckl, in der es der Kobold fast nicht mehr aushalten kann, bis die Tür zum Weihnachtszimmer geöffnet wird, weil sich da ja die begehrten Geschenke verbergen. Er fragt den Meister Eder, ob man denn die Tür nicht doch ein kleines bisschen öffnen könnte – nicht weil er so neugierig sei, oh nein – sondern ganz fürsorglich „damit die Geschenke den Pumuckl sehen können…“.

Ellis Kaut, die sich diese liebevolle Szene ausgedacht hat, wäre in diesen Tagen 100 Jahre alt geworden. Ihre Geschichten sind zeitlos und unvergessen. So fiel mir beim Nachdenken über das Warten, speziell in der Adventszeit, auch wieder der Pumuckl ein. Aber auch eine Initiative ausgehend von der Evangelischen Kirche „Zeit zum Warten“, die Anregungen für die Vorweihnachtszeit, den Advent gibt.  Der Advent, dessen Name sich von der lateinischen Bezeichnung „adventus“ für die Ankunft des Herrn am 24. Dezember ableitet, gilt von altersher als Vorbereitungszeit für das wichtige Fest der Geburt Christi.

Ein Brauch im Advent gehört für mich unbedingt zur vorweihnachtlichen Wartezeit: das tägliche Öffnen von 24 Türchen am Adventskalender, hinter denen sich kleine Bilder, verschiedene Schokoladenmotive oder andere Kleinigkeiten befinden. Jeder Morgen beginnt so mit einer Überraschung, die den jeweiligen Tag und das Warten auf Weihnachten etwas verkürzt. Es müssen ja keine ganz großen Geschenke sein, wie sie  heutzutage den Inhalt mancher Kalender bilden. Es können auch ganz andere Dinge sein, wie zwei Initiativen im Landkreis Dachau zeigen. Es gibt z.B. ein Bastelset für einen Adventskalender des Zweckverbandes Dachauer Galerien und Museen. Und viele Kirchen im Landkreis öffnen ab dem 1. Dezember vierundzwanzig Türen für Erwachsene, virtuell und real, und laden dazu ein, ein bisschen Abstand vom Alltag zu gewinnen und vielleicht auch neue Türen bei sich selbst zu öffnen. Und am 24. Dezember geht  dann auch die Tür zu unserem privaten Weihnachtszimmer auf – und dann dürfen auch endlich die Geschenke uns sehen…

Die Ursprünge des Adventskalenders liegen übrigens im 19. Jahrhundert: zunächst mit Kreidestrichen, dann mit frommen Bildchen und schließlich mit dem auch heute noch bekannten Papierkalender mit 24 Türchen und dahinter verborgenen Bildmotiven wurden Kinder damals durch die Adventszeit geführt. Heute begleiten diese Kalender auch häufig Erwachsene durch den Advent. Eine kurze Geschichte des Adventskalender finden sie unter: https://www.mein-adventskalender.de/adventskalender-geschichte/. Ausführlich geht Esther Gajek 1996 in  „Adventskalender – Von den Anfängen bis in die Gegenwart“ auf deren Geschichte ein. Das FOTO zeigt einen Ausschnitt aus einem meiner Adventskalender.

Ein etwas anderer Denkmaltag

Normalerweise – so fangen aktuell viele Überlegungen an. Also – normalerweise würde ich jetzt nochmals meine Partner für den Tag des offenen Denkmals am kommenden Sonntag anrufen, fragen ob Ort und Zeitpunkt passen, die Teilnehmerzahl der Exkursion abrufen, für die Kaffeepause Kaffee- und Kuchenmenge durchgeben und bei Petrus um einen sonnigen und schönen Tag bitten.

Aber heuer fällt die fast schon traditionell stattfindende Busexkursion mit bis zu 50 Teilnehmern aus, was für jeden verständlich und nachvollziehbar ist.

ABER: ich lade sie hier zu einem Alternativprogramm ein, weil wir doch einen Denkmaltag „light“ auf die Beine gestellt haben, an dem viele Ehrenamtliche Anteil haben. Auch an dieser Stelle vielen Dank an alle, die dazu beitragen!

Wer Kirchenräume musikalisch erleben möchte, kann um 10.30 Uhr nach Jarzt kommen oder um 14.00 Uhr der Mittagsmusik in St. Nikolaus in Haimhausen lauschen. Zum Ausklang gibt es auch eine Soirée mit meditativen Texten in der Indersdorfer Klosterkirche. Führungen bietet das Ehepaar Riedel in Hilgertshausen-Tandern an: von 14.00 bis 17.00 Uhr kann man in Michelskirchen und Gumpersdorf die dortigen Kirchen besichtigen. Alle Kirchen im Pfarrverband Fahrenzhausen-Haimhausen und fünf Kirchen im Pfarrverband Indersdorf sind ebenfalls geöffnet.

Für Familien bietet der Pfarrverband Erdweg mit der Öffnung seines Pfarrzentrums – dem „jüngsten“ Denkmal im Landkreis Dachau –  ein kleines Programm.

Und wenn sie lieber digital am Tag des offenen Denkmals unterwegs sein möchten, dann schauen sie doch auf Hans Schertls fantastische Webseite kirchenundkapellen.de oder besuchen sie den Youtube-Kanal der Haimhauser Pfarrei. So können sie ganz gefahrlos sogar auf das Gerüst der Pfarrkirche steigen und einen Blick auf die Baustelle werfen…

Und wo ich hingehen werde? Man findet mich auf jeden Fall bei der Eröffnung der Sonderausstellung „Zurück ins Leben“ in Markt Indersdorf um 13.00 Uhr und bei der Präsentation eines digitalen Kirchenführers um 17.00 Uhr in Weng.

Alle offenen Denkmäler und Angebote haben wir auf der Webseite des Landratsamtes zusammengefasst – auch die der Ruckteschell-Villa und dem Friedhof in der Maroldstraße in Indersdorf. Lassen sie sich für einen Sonntagsausflug auf eigene Faust inspirieren! Vielleicht treffen wir uns ja bei sonnigem Wetter und selbstverständlich mit ausreichend Abstand und Maske….

 

FOTO: meine Aphrodite aus Griechenland trägt eine Maske mit Reisemotiven aus aller Welt

Der Tag des offenen Denkmals wird seit 1993 von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz organisiert, die dieses Jahr zu einem digitalen Tag  aufgerufen hat. Auf der Webseite der Stiftung finden sie weitere bundesweite Projekte dazu.

Die trauen sich was!

Ein Stau in der Dachauer Ludwig-Thoma-Straße, und das in Corona-Zeiten! Meine Tochter und ich konnten es kaum glauben. Doch nach der Kurve klärte sich das Ganze auf: eine Kutsche mit einem Hochzeitspaar bewegte sich gemütlich vorwärts, wahrscheinlich in Richtung Altstadt zum Standesamt. „ Viel Glück!“ riefen wir dem Paar beim vorsichtigen Überholen zu und freuten uns, dass sich zwei Menschen gefunden hatten, die sich trauten, gerade in der aktuell schwierigen Zeit.

Um die passende Frau zu finden, fungierte früher der „Hochzeitslader“ oder „Schmuser“, der viel herumkam und potentielle Kandidaten vermittelte. Gefühle waren dabei zweitrangig: es ging in erster Linie darum, dass der materielle Besitz gesichert oder sogar vermehrt wurde. Eine Hochzeit war meist mit der Hofübergabe an die jüngere Generation verbunden, die wiederum mit ihren Nachkommen für den Fortbestand des „Sachs“ sorgen sollte. Deshalb waren die Mitgift der Braut, die öffentlich auf dem Kammerwagen zur Schau gestellt wurde und das „Sachschaun“ wichtige Bestandteile des Hochzeitsrituals. Diesen und andere Bräuche im ländlichen Raum beschrieb Ludwig Thoma in seinem 1902 erschienenen Roman  „Hochzeit“. Verfilmt wurde der Stoff 1983 von Kurt Wilhelm für den BR im Dachauer Land mit vielen Laiendarstellern, zu denen auch der im wirklichen Leben als Hochzeitslader tätige Franz Eder gehörte. Hochzeitslader waren häufig  nicht nur für das Zustandekommen von Ehen zuständig. Sie waren vor allem eine Art von Zeremonienmeister, die für einen geregelten Ablauf der gesamten Feierlichkeiten sorgten: von der mündlichen Einladung bis zum letzten Brauttanz um Mitternacht. Heutzutage sind statt Hochzeitsladern häufig die Brautpaare selbst Organisatoren oder lassen sich von „Wedding Plannern“ beraten.

Dadurch haben sich seit Thomas Hochzeit viele Bräuche geändert – genügend Stoff für mehrere Blogbeiträge. Auf einen möchte ich mit dem Foto des heutigen Beitrags hinweisen: seit einigen Jahren werden im Landkreis Dachau Brautpaare aus Strohballen aufgebaut. Die Strohfiguren haben immer fröhliche Gesichter und tragen Brautschleier und Zylinder. Manchmal gibt es ein zusätzliches Transparent oder Schild, auf dem den frisch Vermählten gratuliert wird. Alles ist gut sichtbar auf Feldern oder vor Bauernhöfen aufgestellt. Bei diesem Paar feierte sogar schon das Kind der Paares mit, das sich sichtlich sehr über die Hochzeit seiner Eltern freut! Das hätte man sich früher nicht getraut…

 

FOTO: Mit dieser kleinen Familie wurde einem Brautpaar 2018 in Niederroth gratuliert.

Einen prächtigen Kammerwagen kann man hoffentlich bald wieder im Dachauer Bezirksmuseum anschauen: der große Aussteuerschrank, ein großes Bett, Tisch, Stühle, ein Butterfass und sogar ein Vogelbauer sind auf dem Wagen aufgebaut. Die Braut war augenscheinlich eine gute Partie!

Das kriegen wir gebacken!

Ein Aprilscherz? So dachten wir, als wir ein ansprechendes Flugblatt im Briefkasten fanden, das die Eröffnung einer mobilen Bäckerei ankündigte. Ab 1. April werde es morgens frische Backwaren in unserem Dorf geben! Knusprige Brezn, Semmeln, verschiedenste Brotsorten, aber auch süße Teilchen und Kuchenschnitten – da lief uns in der Zeit der beschränkten Einkaufsmöglichkeiten regelrecht das Wasser im Mund zusammen.

Aber vielleicht handelte es sich ja nur um einen Aprilscherz? Und dann wurde man vor dem vermeintlichen Laden mit einem lockeren „April, April!“ begrüßt? Wer würde sich aus unserer Familie im Morgengrauen trauen, auch auf die Gefahr hin, einem Scherz aufzusitzen?

Unsere Tochter wagte es und wurde nicht enttäuscht! Es ist wahr! Seitdem ist unser Dorf nicht nur mit einem Metzger und Eierverkauf ab Hof versorgt, man kann jetzt morgens auch Backwaren an einem Verkaufswagen erwerben. Bisher mussten wir  für ein Frühstückscroissant das Auto zum Einkauf nehmen oder – zugegebenermaßen selten – eine längere morgendliche Wanderung unternehmen. Dieses Schicksal teilen und teilten ja auch viele Bewohner in anderen Orten im Landkreis, weshalb ich bereits in einem früheren Blogbeitrag eine Lanze für Dorfläden gebrochen hatte.

So genießen wir die neue Möglichkeit sehr und sehen es als einen Lichtblick in der aktuellen Corona-Krise an. Und zum kulinarischen Genuss kommt, dass wir durch den morgendlichen Einkauf auch noch das lokale Gewerbe unterstützen können.

Mit einem frischen Hörnchen oder einer duftenden Semmel beginnt der Tag im Home Office viel besser. Und wenn dann noch die Lieferung unseres jetzt mobilen Buchladens da war, dann setze ich mich voller Zuversicht an meinen Schreibtisch und denke: den Rest kriegen wir doch sicherlich auch noch gebacken…

 

FOTO:  Diese leckeren Bärenkekse fand ich bei einem Bäcker im Elbsandsteingebirge.

Den Titel zu diesem Beitrag verdanke ich meinem Mann, der immer sehr schlagfertig und kreativ ist. Er bekommt dafür ein extra Teilchen vom Bäcker! Und wir hoffen, dass wir damit viele Leser des Blogbeitrags anregen, ihre lokalen Anbieter zu unterstützen – wenn sie das nicht schon längst tun. Denn auch viele Gaststätten haben auf Lieferservice umgestellt.    

Die Tannenzapfen-Kapelle – oder: wie man früher abgeschieden lebte

Haben sie schon einmal von der „Butzküahkapelle“ in Haimhausen gehört? Einem achteckigen Zentralbau mit einer kuriosen Innenraumgestaltung aus Naturmaterialien, wie Baumrinden, Muscheln, Ästen, Rinden und Zapfen, die ihr den Namen gab? „Butzküah“ ist nämlich die bairische Bezeichnung für Tannenzapfen. Wer die kleine Barockkapelle, die auch als „Klausenkapelle“ bezeichnet wird geschaffen hat, ist bisher nicht eindeutig geklärt. Aber es wird vermutet, dass einer oder mehrere Einsiedler dafür verantwortlich waren.

Als Einsiedler oder auch als Eremiten bezeichnet man Menschen, die ein Leben in Zurückgezogenheit wählen, häufig in der Wüste. Dazu gehört der mir unvergessene Symeon Stylites der Ältere (geb. 389), von dem berichtet wird, dass er mehrere Jahre auf einer Säule (!) lebte. Komfortabler hatten es dagegen Einsiedler, die im Dienste der Grafen von Haimhausen standen. Sie wohnten in der unter Graf Franz Ferdinand (1687-1724) errichteten „Klause“, an die eine Kapelle angeschlossen war. „Klause“ vom lateinischen „claudere“ abgeleitet, bedeutet „schließen“und war somit  als abgeschiedener Aufenthaltsort für einen Einsiedler gedacht. Der dort lebende „Klausner“ war für den Gottesdienst in der Schlosskapelle zuständig und teilweise sogar für den Schuldienst, als Seelsorger und medizinischer Beistand tätig. Entlohnt wurde er mit „Kost, Trunk, Holz und Licht …, damit er könne zufrieden leben.“ In seiner freien Zeit entstand dann wohl die kuriose Ausstattung der Kapelle.

Aber so einsam und abgeschlossenen war ein Klausner dann wohl doch nicht, denn Franz Ferdinand verfügte 1701: „Wie er dann auch, wann sich die Herrschaft in loco (am Ort) befinden sollte, allzeit die Tafel mit derselben genießen solle“. So scheint es ein netter Zufall zu sein, dass die Klause heute eine Gastwirtschaft beherbergt. Die dazu gehörige Kapelle kann übrigens im Rahmen von Führungen und manchmal am Tag des offenen Denkmals besichtigt werden, oder virtuell auf Hans Schertls Webseite der Kirchen und Kapellen im Landkreis Dachau.

 

Hier finden sie schon einmal ein paar Eindrücke von der Kapelle , die ich bei einem Besuch vor zwei Jahren festhielt.

 

Viele, die wie ich mit meiner Familie in Corona-bedingter Abgeschiedenheit zu Hause leben, bevorzugen sicherlich auch die Haimhauser Einsiedler-Variante mit „Kost, Trunk, Holz und Licht“… Dieses Zitat und die Informationen zu den Klausnern entnahm ich der Chronik der Gemeinde Haimhausen, die Markus Bogner 2003 verfasste. Hier besonders S. 27.

 

Frautragen

Beim adventlichen „Frautragen“ handelt es sich nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, um einen vorweihnachtlichen Hochzeitsbrauch, bei dem der Bräutigam seine frisch Angetraute über die Schwelle trägt. Es ist auch nicht zu verwechseln mit dem „Frauentragen“, das laut Wikipedia eine Sportart darstellt, bei der Paare Wettläufe über einen 253,5m langen Parcours veranstalten. Dabei geht es über Stock und Stein, durch Wassergräben und Sandgräben. Seit 1992 findet sogar jährlich eine Weltmeisterschaft in Sonkajärvi in Finnland statt. Der Weltrekord liegt bei 55,5 Sekunden.

Das hier gemeinte „Frautragen“ ist ein Brauch, der in der Adventszeit an die Herbergssuche von Maria und Josef erinnert, die in Bethlehem eine Bleibe für die Nacht suchten. Die Figur einer schwangeren Maria wird dabei von Haus zu Haus getragen und dort wird um eine Unterkunft für die Nacht gebeten. Über Stock und Stein und durch Wassergräben und Sandgruben wie in Finnland geht es dabei selten. Eher wird dieser Brauch in besiedelten Gebieten ausgeübt und ist vor allem im katholisch geprägten alpenländischen Raum verbreitet.

Im Landkreis Dachau hat er hingegen wenig Tradition. So bezeichnete Pfarrer Josef Neureuther aus Wollomoos (1878 -1956) das „Frautragen“ zwar als „schönen und sinnigen Adventsbrauch“, der aber „hier kaum jemals heimisch“ gewesen sei. In Altomünster ist er in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts dokumentiert, allerdings mit einer geschnitzten Heiligen Familie, die „von einer Familie aufgenommen, vom Gebetläuten des einen Tages bis zum gleichen des nächsten Tages aufbewahrt und dann weitergegeben“ wurde. (Aichacher Zeitung 13.12.1950)

Seit einigen Jahren gibt es das „Frautragen“ auch in Markt Indersdorf: Ab dem 1. Advent werden in den einzelnen Pfarrgemeinden des Pfarrverbandes Indersdorf Marienfiguren von den Familien der Kommunionkinder beherbergt und jeden Abend in ein neues Zuhause gebracht. Bei der Übergabe wird immer eine kleine Andacht gefeiert.

Ich finde, dass dies auch eine schöne Form der Begegnung und des gegenseitigen Kennenlernens ist, verbunden mit einem Innehalten in der oftmals hektischen Vorweihnachtszeit. Es veranschaulicht das biblische Geschehen und erinnert daran, dass auch heutzutage nicht jeder ein Heim oder eine Heimat hat.

 

Und gibt es diesen Brauch auch bei Ihnen? Ich freue mich auf Ihre Berichte.

Das Foto entstand in der Sakristei der Klosterkirche Markt Indersdorf. Die aus Olivenholz geschnitzten Marienfiguren sind für die einzelnen Pfarrgemeinden des Pfarrverbandes bestimmt.

Mehr zum vorweihnachtlichen Brauchtum und dem „Frautragen“ im Dachauer Land finden sie u.a. bei Robert Böck: Vom Advent bis Heiligdreikönig – Sitte, Brauch und Heiligenverehrung in der Weihnachtszeit, insbesondere im Dachauer Land. In: Ausstellungskatalog Bezirksmuseum Dachau: Auf Weihnachten zu. Altdachauer Weihnachtszeit. 30.11.2003 – 11.01.2004. Hg. Museumsverein Dachau. (hier Zitat Neureuther und Aichacher Zeitung auf S. 21). Albrecht A. Gribl: Häusliche Andacht (Kulturgeschichte des Dachauer Landes Band 6), Dachau 1994, S.138f. und S.146f.

Fast Food

„Fast Food“ wird in unserer Familie augenzwinkernd hin und wieder auch als Synonym für „beinahe Essen“ verwendet. Wir bezeichnen damit genauso die Fertigprodukte, das sogenannte „Convenience Food“ wie auch misslungene Gerichte , wie z.B. bestimmte „gesunde“ Produkte meiner „Vollwert-Experiment-Wochen“.

Heute geht es  jedoch um das Essen in der Fastenzeit, ein Thema, das angesichts der gut gefüllten Regale mit Schokolade und Osterhasen beinahe vergessen ist. In den 40 Tagen von Aschermittwoch bis Ostersonntag ist für Christen traditionell eine Zeit des Verzichtes. Früher wurde dann, wie an den Freitagen fleischlos gegessen. Aber wie ein Blick in die Geschichte zeigt, hat man es auch in der Vergangenheit mit dem Fasten nicht immer so genau genommen oder ging kreativ damit um.

Als gebürtiger Schwäbin fallen mir da als erstes die „Maultaschen“ ein, die ein Maulbronner Laienmönch namens Jakob erfunden haben soll, um den Mönchen das verbotene Fleisch gut im Nudelteig verborgen auf den Tisch zu bringen. Ich dachte auch an den Biber, der im Mittelalter aufgrund seines mit Schuppen besetzten Ruderschwanzes und seines Lebensraums im Wasser kurioserweise als Fisch definiert wurde – also gegessen werden konnte.

Auch bei der Legende des Hl. Ulrich geht es um Fisch, allerdings in anderer Hinsicht. Es wird erzählt, dass Bischof Ulrich von Augsburg (um 890-973) ein vorbildliches Leben führte. An einem Donnerstagabend soll er mit seinem Kollegen Bischof Konrad gespeist haben. Beide führten ein so anregendes Gespräch, dass sie nicht bemerkten, wie die Zeit verging. Am Morgen erschien ein Bote des Herzogs, mit dem Ulrich wohl im Rechtsstreit war: „Ulrich reichte als Botenlohn den beim Nachtessen nicht verzehrten Rest des Bratens, ein Gänsebein. Der Bote brachte dies dem Herzog, um den Bischof nun seinerseits des Unrechts überführen zu können, dass er am Freitag Fleisch esse; als der Herzog das Gänsebein aus der Umhüllung nahm, hatte es sich in einen Fisch verwandelt.“ (zitiert nach Ökumenisches Heiligenlexikon). Aufgrund dieser Legende wird der Hl. Ulrich deshalb häufig mit einem Fisch als Attribut dargestellt, so auch im Landkreis Dachau. Hans Schertl listet zahlreiche Beispiele auf seiner Webseite der Kirchen und Kapellen auf.

Übrigens war auch Alkohol eher verpönt, der Genuss von Bier hingegen erlaubt. Bier wurde als Stärkungsmittel und Medizin gesehen, denn sogar Hildegard von Bingen hatte ihm heilende Wirkung zugeschrieben.

Klassisches Fast Food wird selbstverständlich weiterhin in entsprechenden Schnellküchen angeboten. Schön fand ich, dass der Fahrlehrer unserer Tochter sie erst neulich bat, doch mal kurz zum „Schachtelwirt“ abzubiegen – eine witzige Bezeichnung für ein Restaurant, in welchem Essen in Tüten und Pappboxen serviert wird. Dort bekommt man ganzjährig vor allem Fleisch in getoasteten Brötchen – auch zur Fastenzeit.

 

Mehr zum Thema Essen gibt es heuer bei der Kulturreihe „Poetischer Herbst“. Wir werden mit vielen Gästen ein Kulturmenü aus Theater, Lesungen und Musik servieren. Das Programm können sie hier nachlesen.

Das FOTO entstand in Ecuador, wo Meerschweinchen als Delikatesse gelten. Als Souvenir kann man deshalb auch einen Meerschweinchen-Koch aus Plüsch erwerben oder, wie mein Mann, fotografieren.